Eppan – Ein bisschen wird es wohl auch am einzigartigen Veranstaltungsort gelegen haben, dass beim HGV-Jahresempfang auf Schloss Freudenstein in Eppan beinahe zu wenig Platz für zu viele Gäste war. Der Einladung des Hoteliers- und Gastwirteverbandes HGV waren nicht nur fünf von elf Mitgliedern der Landesregierung gefolgt, sondern mehrere hundert Tourismustreibende und Ehrengäste. Sie erlebten unter anderem, wie Inga Hosp, die langjährige Juryvorsitzende der Stiftung „Futura – Förderung junger Südtiroler:innen im Ausland“, den HGV-Stern verliehen bekam, und an Franz und Agnes Tauber vom Hotel Taubers Unterwirt in Feldthurns der erstmals vergebene HGV-Preis „Gastronomisches Lebenswerk“ überreicht wurde.
Balsam für die touristische Seele
Zuvor aber war in zahlreichen Wortmeldungen einhellig betont worden, dass es sich der Tourismus nicht verdiene, ständig und pauschal in der Kritik zu stehen. Die Stellungnahmen waren Balsam für die touristische Seele. Die Landesräte Luis Walcher, Marco Galateo, Daniel Alfreider, Peter Brunner und Christian Bianchi unterstrichen unisono die Bedeutung des Tourismus für Südtirol – und dass die Urlaubsgäste willkommen sind.
Tourismuslandesrat Luis Walcher bekräftigte auch das Ansinnen der Landesregierung, die touristische Kurzzeitvermietung von Wohnungen einschränken zu wollen. Das Autonomiestatut gebe Südtirol die Möglichkeit dazu, versicherte er. Genauso „müssen wir uns beim Tagestourismus etwas erfinden“, denn der bringe dem lokalen Tourismus nichts, werde von der Bevölkerung aber als Belastung wahrgenommen.
Pinzger: „Vom schlechten Gewissen freikaufen“
HGV-Präsident Manfred Pinzger entledigte sich bei seiner (letzten?) Jahresempfang-Rede ebenfalls einiger Steinchen im Schuh. Die Tourismusgesinnung sei beileibe nicht so schlecht wie das manche Medien und Politiker:innen glauben machen wollen, sagte er. Und er geißelte die wiederkehrenden Vorschläge für verschiedenste Abgaben, die der Tourismus leisten solle, „damit wir uns von unserem schlechten Gewissen freikaufen können“. Die Gemeinden würden gerne an der Ortstaxe mitknabbern, IDM Südtirol kriege sowieso ihren Teil, auch bezuschusse der Tourismus die öffentliche Mobilität, zudem stehe ein grüner Euro zur Diskussion, so Pinzger. Und dann schwebe Landtagsabgeordneten auch noch vor, dass vom Tourismus Geld auf das Konto der Südtiroler:innen fließen solle, spielte der HGV-Präsident auf den jüngsten Vorschlag des Team-K-Abgeordneten Paul Köllensperger für eine Lebensraumabgabe an. Für so etwas, so Pinzger, „braucht es schon eine weitreichende Fantasie“.
Der Tourismus verdiene sich Wertschätzung, denn er sei wichtig für Südtirol. Pinzger: „Wenn der Landeshaushalt wächst, dann werden wir Wirtschaftstreibende schon einen Beitrag geleistet haben.“ Nichtsdestotrotz stehe der HGV dazu, „dass einstweilen – und ich betone einstweilen – mit dem Tourismusentwicklungskonzept eine touristische Beschränkung beschlossen wurde“. Pinzger begrüßte diesbezüglich auch die klaren Signale der Landespolitik, die touristische Kurzzeitvermietung einschränken zu wollen, „ein Phänomen, das lange unterschätzt wurde“. Sie sei eine unlautere Konkurrenz für die Tourismustreibende und entziehe zudem Wohnraum für die Einheimischen.
„Ihr habt die Nase vorn“
Ein bisschen gebauchpinselt durften sich die anwesenden Tourismustreibenden auch von Susanne Kraus-Winkler fühlen. Die Staatssekretärin im österreichischen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft meinte: „Ihr habt in vielerlei Hinsicht die Nase vorn, und dazu gratuliere ich.“ Den Südtiroler Tourismustreibenden sei es gelungen, ein Produkt zu entwickeln, für das sich ansehnliche Preise durchsetzen lassen.
Zugleich erwähnte Kraus-Winkler, dass es in Österreich genauso wie in Südtirol die Diskussion um die Belastungsgrenzen durch den Tourismus gebe. Denn: „Der Lebensraum der Bevölkerung ist der Erlebnisraum der Gäste.“ In Österreich werde Statistik Austria deshalb ab sofort nicht nur die Nächtigungen messen, sondern regelmäßig auch die Tourismusakzeptanz.