Innsbruck/Raas – Um unternehmerischen Erfolg zu garantieren, braucht es kompetente Führungskräfte. Obgleich Frauen als auch Männer positive Beiträge zum Erfolg von Unternehmen leisten, sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Auch die Zahlen des Landesinstituts für Statistik bestätigen, dass nur knapp 1,4 Prozent aller beschäftigten Frauen in der Südtiroler Privatwirtschaft Führungskräfte sind; bei den Männern sind es hingegen 4,0 Prozent. Da der Aufstieg sowie der Verbleib in der Führungsetage für Frauen mit erheblichen Herausforderungen verbunden sind, ist das wenig überraschend. Auch in den vergangenen Jahren blieb die weibliche Beschäftigungsquote in Führungsebenen nahezu unverändert, sie ist sogar leicht rückläufig. Vielen Unternehmen sind die wahren Nachteile hierbei nicht bewusst. Denn aus Studien geht hervor, dass Frauen als Führungskräfte erhebliche Vorteile für das Unternehmen einbringen können, wenn ihr Potenzial gesehen und gefördert wird. Wo Frauen mit an der Führung sind, ändert sich sowohl der Ton als auch die Führungs- und Diskussionskultur. Ebenso erweitert sich die Sichtweise im Management. Wenn allerdings Unternehmen die Vorteile nicht erkennen, laufen sie Gefahr, wichtiges Humankapital, die damit verbundenen Perspektiven und Erfolgsstrategien zu verlieren. Im schlimmsten Fall kann sich dies sogar negativ auf die Gesamtleistung des Unternehmens auswirken.
Rein und bald wieder raus
In den vergangenen Jahrzehnten investierten Frauen vermehrt in ihre Bildung und Karrieren, wodurch es einzelnen gelang, Hürden des Aufstiegs zu überwinden und in eine Spitzenposition aufzusteigen. Doch der Weg zur erfolgreichen weiblichen Führungskraft ist steinig und mit institutionellen Hürden sowie Geschlechterstereotypen verbunden. Aus Studien geht hervor, dass folglich das weibliche Wohlbefinden aufgrund negativer Konfrontationen sinken kann, was Auswirkungen auf die Arbeitsleistung hat und dadurch einen frühzeitigen Rücktritt als Führungskraft auslösen kann. Dieser Vorfall der frühen Amtsabtretung wird in der Forschung mit dem Drehtüreffekt in Verbindung gebracht. Dieser besagt, dass Frauen – anders als ihre männlichen Kollegen – oftmals in einer Drehtür stecken, welche sie zwar in die Führungshierarchie hineinbringt, aber nach kurzer Zeit wieder aussteigen lässt. Der Effekt lässt sich zwar bei beiden Geschlechtern beobachten, tritt jedoch bei Frauen vergleichsweise häufiger auf. Demnach übernimmt die Frau eine Managerrolle, jedoch führen verschiedene Kotrollmechanismen dazu, dass sie wieder zurücktritt und unter Umständen sogar in einen geschlechtertypischen Beruf wechselt.
Um ursächliche Bedingungen zu klären, habe ich es mir in meiner Diplomarbeit zur Aufgabe gemacht, Zusammenhänge zu untersuchen, welche ausschlaggebend für den Rücktritt weiblicher Führungskräfte sind. Mit Hilfe gezielter Interviews mit Human-Resources-Expertinnen – einer qualitativen Forschungsmethode – versuchte ich zu ermitteln, welche Strategien Südtiroler Unternehmen entwickelt haben oder entwickeln können, um weibliche Talente besser zu unterstützen, und welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um ihnen eine Karriere in Führungsebenen zu ermöglichen.
Drei Herausforderungen für Frauen in Südtiroler Unternehmen
Die Ergebnisse meiner Studie beweisen, dass Frauen vor allem drei potenziellen Herausforderungen in Organisationen gegenüberstehen:
- einem Mangel an Unterstützung vonseiten der Organisationen sowie Politik;
- subtilem Widerstand gegen das weibliche Geschlecht in Verbindung mit Geschlechterstereotypen, welche ihr die Führerschaft nicht zutrauen und andere Tätigkeiten vorschlagen;
- dem gesellschaftlichen Druck und der Kritik an der Frau, welche das Selbstvertrauen in der Männerdomäne mindert.
Es wird ersichtlich, dass nicht mangelnde Kompetenzen Karrierehemmer für die Frau sind, sondern vielmehr Organisationskultur, -politik und -praxis. Zwar wurde intensiv daran gearbeitet, das traditionelle Geschlechterbild aus der Gleichung herauszunehmen und damit das weibliche Talent als Führungskraft anzuerkennen, doch noch immer wird der männliche Führungsstil als effektiver betrachtet. Dies ist nicht nur auf die Ansicht der Männer zurückzuführen, denn die Ergebnisse zeigen, dass Abneigung häufig auch von der weiblichen Seite kommt. Auch viele Frauen halten am Rollenbild fest und akzeptieren ihre Verpflichtungen zur Kinderbetreuung und Haushaltsversorgung. So zeigt die Entwicklung, dass Frauen zwar vermehrt karriereorientiert sind, es ihnen jedoch an notwendigen institutionellen und beruflichen Rahmenbedingungen fehlt, um Familie und Karriere zu verbinden. Dadurch lastet ein enormer Druck auf den Schultern einer Managerin: Es ist nicht einfach, primäre Familienbetreuerin zu sein und gleichzeitig völlige Verfügbarkeit als Führungskraft zu garantieren. Speziell hier kritisieren die Ergebnisse die in Unternehmen und in der Politik mangelnde Kinderbetreuung und geringe Frauenperspektive. Aufgrund der Unterrepräsentation der Frau fehlen hingegen wichtige Gesichtspunkte, um Entscheidungen zu treffen. Somit ist es nicht ungewöhnlich, dass wenn Männer allein über Angelegenheiten der Frauen bestimmen, sie mit männlicher Perspektive entscheiden. Ohne ein Verständnis für den Geschlechterunterschied und die Herausforderungen, mit denen weibliche Führungskräfte konfrontiert sind, werden Frauen auch in Zukunft aufgrund fehlender Unterstützung aus Spitzenpositionen ausscheiden.
Maßnahmen zur Förderung von Frauen
Deshalb braucht es klare Signale, welche die Entwicklung vorantreiben. Mit den richtigen Maßnahmen können Unternehmen viel bewirken. Handlungsmaßnahmen speziell für karriereorientierte Frauen sind erforderlich, die Rahmenbedingungen gewährleisten und die Chance auf den Verbleib in einer Führungsposition zulassen. Dies geschieht in erster Linie, indem der Frau die Möglichkeit auf eine Führungsposition – gleich wie dem Mann – geboten wird, ohne sie aufgrund des Geschlechts zu diskriminieren. In Zusammenarbeit mit anderen Firmen kann Geschlechtervielfalt gefördert und auf Chancengleichheit in der Arbeitswelt aufmerksam gemacht werden. Es muss ein Gefühl des Miteinanders entwickelt werden, wo es selbstverständlich ist, dass auch eine Frau eine Führungskraft sein kann. Mit den wichtigen Rahmenbedingungen, wie Teilzeitmodellen, Kinderbetreuungsangeboten, Förderung von Vätertätigkeiten sowie ein Geschlechterverständnis können private Verpflichtungen beider Geschlechter unterstützt werden. Dies kann die Arbeitsmotivation und Produktivität sowie die generelle Arbeitszufriedenheit und die Lebensqualität der Beschäftigten steigern, welche Kündigungsabsichten verringern können. Dadurch wird die Führungsvielfalt von morgen nachhaltig gestärkt, was sich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt und im besten Fall sogar einen Wettbewerbsvorteil ermöglicht.
Es geht hierbei nicht um das vielfach oft negativ konnotierte Wort Feminismus, sondern um die Anerkennung der Gleichheit und volle Menschlichkeit von Frauen und Männern, um die Unterschiede zu schätzen und bei jeweiligen Herausforderungen Unterstützung zu gewährleisten. Ziel in der Führungsebene soll es sein, sich auf die Person zu konzentrieren und bei der Talentförderung das Geschlecht außen vor zu lassen. Es ist wie eine Partie Schach, es kommt nicht darauf an, ob gegen einen Mann oder eine Frau gespielt wird, sondern auf die richtige Erfolgsstrategie. Doch auch die Frau selbst muss sich anpassen, indem sie Veränderungen wahrnimmt und sich für ihre Karriere einsetzt, hierbei die Chance ergreift, den ganzen Weg bis an die Spitze zu gehen und die Unterstützungen anerkennt. Denn am Ende entscheidet die Frau selbst, ob sie die Führungsposition annimmt und halten möchte, oder nicht. Sicher ist, dass die Kombination aus den richtigen Rahmenbedingungen, der Wertschätzung der jeweiligen Talente und der Chancenergreifung vonseiten der Frau eine Führungsvielfalt von Männern und Frauen ermöglicht und die Führungskräfte von morgen hervorruft.
Valentina Prader
Die Autorin ist 24 Jahre alt und stammt aus Raas/Natz-Schabs. Sie hat in Innsbruck Internationale Wirtschaftswissenschaft studiert mit Fokus auf Unternehmensführung. Ziel ihrer Diplomarbeit mit dem Titel „Strategien zur Förderung weiblicher Talente in der Führungsetage“ war es, „aufzuzeigen, dass auch eine Frau in Südtirol Karriere machen kann, dies jedoch nicht an Dingen wie mangelnder Unterstützung scheitern darf“.