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Frau der (Ohr-)Ringe

PORTRÄT – Ohrringe sind ein durchaus beliebtes Accessoire. Für eine Riffianerin bilden sie sogar die Lebensgrundlage: Daniela Windisch lebt seit mittlerweile zwölf Jahren von der Herstellung von Schmuck, vorwiegend Ohrringen. Wie sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagte – und ob sie Angst hat, dass ihr einmal die Ideen ausgehen.

Silvia Santandrea von Silvia Santandrea
23. August 2024
in Südtirol
Lesezeit: 6 mins read

War zuerst Lohnbuchhalterin und machte sich dann selbstständig: Daniela Windisch (Foto: SWZ)

Riffian – Ohrringe, Armbänder und Ringe liegen vor uns auf dem Tisch. Sie bestehen aus orangen, roten, lila und türkisen Perlen, Pailletten und Ornamenten aus Edelstahl. Verbunden sind die Einzelteile durch filigrane Linien, gezogen mit einem dünnen Draht. Wer die Schmuckstücke von Daniela Windisch betrachtet, dem wird bald einmal klar: Hier ist eine am Werk, die ihr Handwerk versteht – und es liebt.

Vor zwölf Jahren machte sich Daniela Windisch selbstständig und gründete das Unternehmen Danicus. Die eigentliche Bezeichnung für ihren Beruf wäre Schmuckdesignerin. „Das klingt aber zu hochgestochen“, findet die 43-Jährige. Deshalb sage sie stets, sie stelle Schmuck her. Noch mehr identifiziert sie sich aber mit einem anderen Begriff: Sie sieht sich selbst als Künstlerin.

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Neue Ideen

Daniela Windisch sagt von sich, sie sei eine, die es liebt, Dinge auszuprobieren, der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen. Konkret sieht das bei ihr so aus: Sie legt die Rohmaterialien, sprich Perlen, Pailletten, Edelstahlornamente und die Stecher der Ohrringe, vor sich auf den Tisch und beginnt, diese mithilfe eines dünnen Drahtes entlang des Rahmens aufzufädeln. „Das Design stelle ich mir bildlich vor und am Ende gefällt es mir immer.“ Es komme nur selten vor, dass sie einen Ohrring wieder auftrennt und die kleinen Perlen neu anordnet, den Draht neu aufwickelt. Einzige Ausnahme seien Schmuckstücke, bei denen ihr ein Fehler unterläuft. Zum Beispiel, wenn eine Perle nicht dort ist, wo sie sein sollte. An neuen Ideen mangele es ihr nicht, sagt Windisch. Wenn sie sich hinsetzt, kämen diese von alleine.

„Ich hatte stets Glück. Mir ist viel zugeflogen“, sagt die 43-Jährige. Was sie nicht sagt: Hinter ihrem Erfolg steckt viel Fleiß – und wohl auch ein gutes Gespür fürs Geschäft.

Was mit Perlen, Draht und Steckern, allesamt eigentlich bekannte Materialien, alles möglich ist, wird sichtbar, als Windisch ein Täschchen öffnet und verschiedene Ohrringe herausnimmt. Sie holt einen nach dem anderen hervor, schaut ihn kurz an und erklärt dann das Design des Schmuckstücks. Einige sind kleiner, in dezenten Farben wie weiß oder creme. „Solche tragen Bräute immer wieder zu Hochzeiten.“ Die Freude und der Stolz sind in der Stimme der 43-Jährigen nicht zu überhören. Andere Modelle, die sie aus dem Täschchen fischt, fallen mehr auf: Sie sind pink, violett, orange. „Diese sind zum Beispiel in 3D-Optik gemacht“, erklärt sie und hält ein Modell hoch. Tatsächlich sind die Perlen in mehreren Schichten angeordnet. Wie das Muster entsteht, ist für jemanden, der nicht vom Fach ist, schwer vorstellbar.

Windischs Handschrift

Inspiration für ihre Schmuckstücke holt sich Windisch unter anderem im Netz. „Ich kopiere nichts“, unterstreicht sie, „ich sehe oft eine schöne Kombination und nehme diese dann als Ausgangs­idee für meine Ohrringe.“ Ihre Kundinnen würden ihr oft erzählen, dass ihre Handschrift bei Schmuckstücken unverwechselbar sei. Oft würden diese erkennen, dass sie von ihr gemacht wurden, ohne dies vorher zu wissen.

Ihren Stil beschreibt Daniela Windisch so: „Ich kombiniere gerne Farben, von denen man nicht glauben würde, dass sie zueinander passen.“ Immer wieder mache sie aber auch dezentere Designs. Die Gemeinsamkeit aller Schmuckstücke sei, dass sie hochwertig aussehen und sein sollen: „Der Schmuck soll nicht gebastelt wirken und er soll lange haltbar sein.“

Dafür sind nicht nur Fingerfertigkeiten in der Herstellung gefragt, sondern auch Materialien guter Qualität, sagt Windisch. Deshalb bezieht sie ihre Stecker, Perlen, Ornamente und den Draht von unterschiedlichen Lieferanten. Manche lernt sie auf Schmuckmessen kennen, andere findet sie im Netz. Von wem sie die Einzelteile kauft, verrät die Schmuckdesignerin nicht: „Das wird in dieser Branche wie ein Berufsgeheimnis gehütet“, erklärt sie. Jeder, der Schmuck herstellt, baue sein Lieferantennetzwerk über Jahre auf. Da stecke viel Arbeit drin – aber das sei eben Teil des Berufs.

Alles selbst beigebracht

An diesem warmen Dienstagnachmittag im Sommer trägt Daniela Windisch – wie könnte es auch anders sein – selbst auch ein paar Ohrringe aus ihrer eigenen Kollektion. Perfekt abgestimmt auf ihr pink-rotes Outfit hängt an ihren Ohrläppchen ein Modell in denselben Farben. An einem goldenen Stecker baumelt ein Ring, rund herum hat sie viele Perlen gewickelt, darunter hängt noch ein Edelstein. „Bis zu 100 Perlen verarbeite ich in einem Ohrring“, erklärt die 43-Jährige.

Woher sie das alles kann, fragen wir sie. „Ich habe es mir selbst beigebracht“, erklärt Windisch. Alles? „Ja, alles. Ich setze mich hin und probiere einfach.“

Eine Ausbildung in diesem Bereich hat Windisch nicht absolviert, die Schmuckherstellung ist die letzte Etappe ihres bisherigen Werdegangs. Sie besuchte die Lehranstalt für Wirtschaft und Tourismus und anschließend einige Lehrgänge für Hotel-, Tourismusmanagement und Webdesign. Nach Abschluss der Ausbildung designte sie zunächst Websites. „Dabei konnte ich meine kreative Ader recht gut ausleben“, sagt die Riffianerin.

Zuerst Lohnbuchhalterin, dann Schmuckherstellerin

Anschließend war sie sieben Jahre beim Hoteliers- und Gastwirteverband HGV in der Lohnbuchhaltung tätig, bis im Jahr 2010 ihre erste Tochter zur Welt kam. „Da stellte ich mir die Frage, ob ich in Teilzeit an den Schreibtisch zurückkehren sollte oder gar nicht.“ Sie entschied sich für Letzteres. Ausschlaggebend dafür war ein Besuch der Kreativmesse in Bozen. Das sei die Zeit des „Fimo-Booms“ gewesen. Fimo ist eine Modelliermasse, die im Ofen gehärtet wird und aus der u. a. Schmuck hergestellt werden kann. Auf der Messe erwarb Windisch ein Fimo-Starterset und begann daraufhin, selbst Schmuck herzustellen. „Immer mehr Bekannte wollten meinen Schmuck haben“, erinnert sie sich. Als ihr ein Hotel eine Stelle als Sekretärin anbot, lehnte sie ab. „Ich fragte, ob ich stattdessen meinen Schmuck einmal pro Woche im Haus verkaufen dürfe.“ So war der Grundstein für Danicus gelegt.

Die offizielle Gründung erfolgte im Jahr 2012. Das Geschäft sei von Anfang an gut gelaufen, sie habe bald von der Schmuckherstellung leben können. „Ich hatte stets Glück. Mir ist viel zugeflogen“, sagt die 43-Jährige. Was sie nicht sagt: Hinter ihrem Erfolg steckt viel Fleiß – und wohl auch ein gutes Gespür fürs Geschäft.

Eine prominente Kundin

Manche Ohrringe bestehen aus bis zu 100 Perlen.

Die Tage von Daniela Windisch sehen so aus: Vormittags stellt sie Schmuck her, nachmittags kümmert sie sich um ihre zwei Kinder. Dazu kommen die Abende, an denen sie die Schmuckstücke verkauft. Den Danicus-Stand baut sie an drei Abenden pro Woche in verschiedenen Hotels auf: einmal im Quellenhof, ein anderes Mal im Hotel Muchele und an einem dritten Abend abwechselnd im Hotel Andreus und im Alpenschlössl.

Zur Produktion und zum Verkauf kommt jede Woche noch der Austausch mit der Kundschaft. „Ich bin für sie immer erreichbar. Anfangs habe ich sogar an Wochenenden zurückgeschrieben, das habe ich mittlerweile eingeschränkt. Sonst wird man nie fertig“, sagt sie.

In einem Hotel überzeugte die Schmuckherstellerin ihre prominenteste Kundin: Cathy Hummels, Moderatorin, Influencerin und Ex-Partnerin des Fußballspielers Mats Hummels.

Der Austausch mit den Kundinnen gebe ihr viel Energie. „Das Verkaufen liegt mir. Würde ich nur Schmuck herstellen, würde mich meine Arbeit nicht so erfüllen.“ Bis zu 400 Paar Ohrringe nimmt Windisch in die Hotels mit. Manche Modelle kosten um die 25 Euro, andere 40. An ihrem Stand will sie ihren Kundinnen ein Erlebnis bieten: „Sie sollen sich Zeit für sich nehmen können, den Schmuck in Ruhe anprobieren und das Einkaufen genießen.“

In einem Hotel überzeugte die Schmuckherstellerin auch ihre prominenteste Kundin: Cathy Hummels, Moderatorin, Influencerin und Ex-Partnerin des Fußballspielers Mats Hummels. Als Windisch hörte, dass sie im Quellenhof zu Gast ist, schrieb sie ihr und bot ihr Ohrringe an. „Daraufhin holte ihre Stylistin die Ohrringe ab. Später wurde ich gefragt, ob ich für Cathy Hummels die Ohrringe für die Show ,Kampf der Reality Stars‘ machen will.“ Hummels trug den Schmuck bei mehreren Folgen der Show im TV. Ist das Geschäft daraufhin noch besser gelaufen? „Nein, zumindest nicht spürbar“, antwortet Windisch. „Aber man macht nichts umsonst.“

Verkauf im Netz

Neben ihrem Stand in den Hotels betreibt Windisch auch einen Onlineshop. Dort bietet sie vorwiegend Modelle an, deren Herstellung weniger zeitaufwendig ist. Es sollten nämlich stets mehrere Paare auf Lager sein. Würde sie etwa aufwendige Perlenohrringe verkaufen, würde sie mit dem Machen „nicht mehr nachkommen“, wie sie sagt. „Außerdem möchte ich nicht zehn oder 20 Kopien von jedem Design herstellen. Das wäre langweilig. Ich möchte, dass die meisten meiner Ohrringe Unikate bleiben.“ Das sei auch einer der Hauptgründe, warum sie keine Mitarbeiterin bzw. keinen Mitarbeiter haben möchte, erklärt sie. „Ich möchte keine Massenproduktion haben.“ Von dieser Vision, Unikate zu fertigen, leitet sich auch der Name ihres Unternehmens ab: Danicus ist zusammengesetzt aus ihrem Vornamen, Daniela, und dem Wort „unicus“, was auf Latein „einzigartig“ bedeutet.

Der Zukunft von Danicus sieht die Riffianerin gelassen entgegen: „Ich weiß nicht, wie lang diese Reise noch geht, aber ich hoffe noch eine ganze Weile.“ Sieht man sich Daniela Windischs Leidenschaft an, ist es leicht vorstellbar, dass dieser Weg noch lange von Erfolg geprägt sein wird.

Schlagwörter: 32-24free

Ausgabe 32-24, Seite 6

Silvia Santandrea

Silvia Santandrea

Die Eppanerin hat in Innsbruck Politikwissenschaft und Sprachwissenschaft studiert und hat nach mehreren Praktika bei Südtiroler Printmedien sowie in Radio- und TV-Redaktionen ihren Weg in die SWZ gefunden. Herausforderungen liebt sie – im Job und auch am Berg.

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