Bozen – Am 29. Februar bzw. 1. März wird der Equal Care Day begangen – ein Aktionstag, der auf die ungleiche Verteilung der Sorge- und Pflegearbeit aufmerksam macht. In Südtirol hat die Allianz für Familie zu diesem Anlass eine Matinee organisiert. Im Palais Widmann teilten Fachleute und Betroffene aus verschiedenen Bereichen ihre Perspektiven und Erfahrungen zur Sorgearbeit.
Sorgearbeit ist weiblich – und mit ihr auch Teilzeitarbeit und Altersarmut
Sorge- und Pflegearbeit in den Familien wird größtenteils von Frauen übernommen – sei es in der Kindererziehung, im Haushalt oder in der Pflege von Angehörigen. In Italien beispielsweise leisten Frauen täglich rund fünf Stunden und neun Minuten unbezahlte Care-Arbeit, während Männer eine Stunde und 48 Minuten dafür aufwenden. Diese ungleiche Last hat weitreichende Konsequenzen: Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit, was sich negativ auf ihr Einkommen und ihre Rentenansprüche auswirkt. In Südtirol sind laut Astat fast 63 Prozent der berufstätigen Mütter teilzeitbeschäftigt, bei den berufstätigen Vätern nur vier Prozent.
Altersarmut ist oft eine direkte Folge dieser strukturellen Ungerechtigkeit: „Die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit hat nicht nur kurzfristige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, sondern zieht langfristige Konsequenzen nach sich. Frauen, die über Jahre hinweg in Teilzeit arbeiten oder aus dem Berufsleben ausscheiden, erhalten im Durchschnitt deutlich niedrigere Renten als Männer“, erklärte Christa Ladurner, Soziologin im Forum Prävention. In Südtirol liegt die durchschnittliche Rente von Frauen in der Privatwirtschaft bei 946 Euro, wohingegen sie bei Männern bei 1.761 Euro liegt, ein Gap von 37,6 Prozent.
„Das eigentliche Problem ist, dass wir die Pflegearbeit zu lange romantisiert haben, anstatt sie zu problematisieren. Pflegearbeit ist nicht romantisch. Sein berufliches Projekt aufzugeben, um zu Hause bei Kindern oder älteren Menschen zu bleiben, ist nicht immer schön. Es ist nicht immer eine Wahl, sondern eine Notwendigkeit“, sagte Nadia Mazzardis, Vizepräsidentin des Landesbeirats für Chancengleichheit.
Matinée im Landhaus: Zahlen, Daten und Fakten, die wachrütteln
Bei der Veranstaltung zum Equal Care Day wurden aktuelle Zahlen und Fakten präsentiert, die die Ungleichverteilung der Sorgearbeit und deren finanzielle Konsequenzen aufzeigen. Politiker:innen, Fachleute und Betroffene kamen zusammen, um Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen. „Wir wollen die strukturellen Bedingungen verbessern, um Sorge-, Erziehungs- und Pflegearbeit fairer zu verteilen und die gesellschaftliche Anerkennung zu stärken“, sagt Christa Ladurner.
Der Aktionstag wurde von der Allianz für Familie in Zusammenarbeit mit dem Landesbeirat für Chancengleichheit sowie der Stadt Bozen organisiert mit Unterstützung der Familienagentur und der Stiftung Südtiroler Sparkasse.
Hier geht’s zum Flyer der Veranstaltung inklusive Fair-Care-Check, mit dem sich testen lässt, ob in der eigenen Familie die Sorgearbeit gerecht verteilt ist.