Empfehlenswert von Lisa Maria Gasser
Dass mich der Herd meiner Eltern dazu bringen würde, ein Buch zu lesen, hätte ich nie gedacht. Vielmehr bringt er mich – die zum Glück wenigen Male, die ich ihn benutze – an den Rand der Verzweiflung. Weshalb, das beschreibt Gabriel Yoran schon auf den ersten Seiten von „Die Verkrempelung der Welt“. Während der Fortschritt glauben lässt, das Leben einfacher zu machen, werden Dinge des Alltags immer schlechter. Oder zumindest nicht besser – siehe Elektroherde ohne Drehknöpfe, dafür mit Touchscreen ohne Zahlen und derart sensibel, dass ein Tropfen Wasser gleich den ganzen Herd lahmlegt. Warum ist das so? Dieser Frage geht der Autor auf kurzweiligen 185 Seiten nach. In den Antworten erhält die Warenkritik 140 Jahre nach Marx ein frisches Gewand: nachhaltiger Konsum? Geht nicht! Weil dann nichts mehr gekauft wird. Indes überschwemmt uns sinnloser Krempel. Materieller sowieso. Aber auch immaterieller, im Internet. Wir stumpfen ab, verlieren unsere wahren Bedürfnisse aus dem Blick. Schwere Kost präsentiert Yoran in angenehm lesbarer Form – und leicht genug für eine wunderbare Strandlektüre.
Lisa Maria Gasser ist freiberufliche Journalistin.
Gabriel Yoran
Die Verkrempelung der Welt
Suhrkamp, 2025
185 Seiten, 22 Euro
ISBN: 978-3-518-03002-8