Bozen/Lana – Die SWZ hat schon einmal kurz über einen neuen Raumordnungsfall berichtet, der derzeit die Gemeindeverwaltung von Lana, das Produktionsunternehmen Tanzer Maschinenbau und die Obstgenossenschaft Lana- fruit beschäftigt. Die Firma Tanzer in der Handwerkerzone ist zuletzt stark gewachsen, beschäftigt an die 50 Mitarbeiter und platzt aus allen Nähten. Geschäftsführer Peter Tanzer hat längere Zeit an einer Aussiedlung gearbeitet und dabei insbesondere ein als Gewerbegebiet ausgewiesenes, bereits erschlossenes, etwa 8.000 Quadtratmeter großes Areal in der Nähe ins Auge gefasst, das der Obstgenossenschaft Lanafruit gehört (Kistendepot). Eigentümerin und Interessent konnten sich aber nicht über den Kaufpreis einigen, da Tanzer maximal 310 Euro bezahlen wollte. Lanafruit-Obmann Norbert Schnitzer bestätigt, dass ursprünglich 400 Euro gefordert wurden („auch wir haben die Pflicht, für unsere Mitglieder den höchstmöglichen Preis herauszuholen“), während Tanzer nur 200 zahlen wollte, verweist aber auch darauf, dass später sehr wohl Zugeständnisse beim Preis gemacht wurden. „Mit solchen Grundpreisen ist ein Unternehmen, das in einem internationalen Wettbewerb steht, nicht mehr konkurrenzfähig“, sagt Tanzer.
Er hat in der Folge eine Zwischenlösung in einem bestehenden Betrieb in der Nachbarschaft gefunden. Dann ergab sich eine neue Perspektive in Form einer rund 6.000 Quadratmeter großen Obstwiese, die das Grundstück von Tanzer Maschinenbau tangiert und an das Gelände der Lanafruit grenzt. Der Eigentümer, ein Landwirt, wollte diese Wiese verkaufen, aber nicht an die Obstgenossenschaft, mit der er angeblich im Clinch liegt. Der Plan: Tanzer sollte zugreifen und später einen Tausch mit der Lanafruit vornehmen. Gesagt, getan: Peter Tanzer schloss einen Kaufvorvertrag ab, der ihm eine Option bis Jahresende einräumt. Kaufpreis: etwas mehr als 200 Euro.
Der ursprüngliche Plan war wohl ein Tauschgeschäft Obstwiese gegen Gewerbegrund, der aber an den unterschiedlichen Preisvorstellungen scheiterte. Zuletzt wäre die Lanafruit aber laut Schnitzer bereit gewesen, unter Einrechnung der veranschlagten Erschließungskosten in Höhe von 70 Euro einen Tausch im Verhältnis 1 : 1 vorzunehmen und die restliche Fläche des Gewerbegrundes zurückzubehalten, um sie eventuell später an Tanzer abzutreten.
Dieser hat jedoch inzwischen angesichts der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen andere Pläne: Er will seinen Betrieb nicht mehr aussiedeln, was teuer ist, sondern auf der (beinahe) angrenzenden Obstwiese erweitern, zumal er befürchten muss, im Falle einer Aussiedlung keinen Käufer für den bestehenden Betrieb zu finden. Voraussetzung für einen solchen Plan ist aber, dass die Gemeinde eine entsprechende neue Flächenwidmung im Bauleitplan vornimmt. Und genau das, so Tanzer, dürfte angesichts der unlängst in Kraft getretenen Novelle zum Landesraumordnungsgesetz kein Problem mehr sein, wo es darin doch heißt (Art. 46), dass „über Liegenschaften, die als Gewerbegebiet ausgewiesen sind, die Eigentümer frei verfügen“ können. Sobald die Wiese wie bei der Gemeinde beantragt als Gewerbegrund ausgewiesen ist, bräuchte Tanzer nicht einmal einen Durchführungsplan. Er könnte das Areal selbst erschließen und dann bauen.
Nun ist es aber so, dass das Gesetz zwar die freie Liegenschaftsverfügung nach dem Prinzip „wer Eigentümer ist, der sitzt am Hebel“ vorsieht, die zuvor notwendige neue Flächenumwidmung aber in die Zuständigkeit der Gemeinde fällt. Es liegt an ihr, ob sie ein im Bauleitplan als landwirtschaftliches Grün ausgewiesenes Areal umwidmet oder nicht. Und die Gemeinde Lana hat in diesem Fall Kopfschmerzen. Das liegt daran, dass auch die Lanafruit das betreffende Grundstück bräuchte und diesbezügliche Ansprüche angemeldet hat. „Wir haben 300 Mitglieder und beschäftigen 100 Mitarbeiter, und auch wir müssen uns wie jedes Unternehmen auf einem härter werdenden Markt behaupten, das heißt, rationalisieren und unsere Kosten senken. Dieses Grundstück würde uns Entwicklungsperspektiven eröffnen, die unabdingbar für die Genossenschaft sind“, sagt Präsident Norbert Schnitzer. Er und sein Vorstand machen sich deshalb bei der Gemeinde dafür stark, dass die Umwidmung abgelehnt wird.
Bürgermeister Harald Stauder ist in einer Zwickmühle. Einerseits gibt es einen Antrag eines wachsenden Unternehmens mit qualitativ hochstehenden Arbeitsplätzen, das die Grundverfügbarkeit nachweist und das er in der Gemeinde halten will, anderseits hat er es mit einer wirtschaftlich sehr bedeutenden und politisch einflussreichen Genossenschaft zu tun, der er laut Schnitzer darüber hinaus das Versprechen gegeben hat, das Grundstück nicht als Gewerbegebiet auszuweisen. Stauder: „Es handelt sich um zwei für Lana wichtige Betriebe, weshalb die Gemeinde derzeit als Vermittlerin auftritt, um eine Lösung zu finden.“ Am Mittwoch nach Redaktionsschluss fand eine gemeinsame Sitzung aller Beteiligten unter Einschluss des örtlichen Bauernbundes statt, bei der versucht wurde, die Ansprüche beider Parteien zu befriedigen. Norbert Schnitzer zeigt sich im Vorfeld kompromissbereit („das wirtschaftliche Umfeld ist heute anders als vor zwei Jahren“), will allerdings zusammen mit seinem Vorstand sicherstellen, dass der Lanafruit keine Wege verbaut werden.
Was aber, wenn es keine Einigung gibt? Eine Ablehnung der von Tanzer angepeilten Umwidmung durch den Gemeindeausschuss ist zwar durchaus zulässig, aber das Gesetz geht davon aus, dass die Gemeinde bei ihrer Entscheidung die Eignung eines Grundstückes für eine bestimmte Widmung prüft – unabhängig vom Eigentümer oder von Wünschen Dritter. Mit anderen Worten: Eine Ablehnung muss begründet werden, etwa mit Hinweisen auf den Landschaftsschutz, Schwierigkeiten bei der Erschließung bzw. Anbindung an das Verkehrsnetz oder andere widrige Umstände. Diesbezüglich hat die Gemeinde einige Möglichkeiten. Bürgermeister Harald Stauer erinnert daran, dass es einen bereits älteren Grundsatzbeschluss gibt, keine neuen Gewerbegebiete auszuweisen, solange die bestehenden Flächen nicht erschöpft sind, und einen zweiten, der besagt, dass der Lanafruit eine Erweiterungsmöglichkeit geboten werden soll. Er hofft, nicht entscheiden und damit die eine oder andere Partei vor den Kopf stoßen zu müssen, und er arbeitet deshalb an einer einvernehmlichen Lösung.
Peter Tanzer seinerseits lässt sich alle Optionen offen für den Fall, dass es zu keiner für ihn tragbaren Lösung kommt; im schlimmsten Falle kommt für ihn auch eine Aussiedlung in eine andere Gemeinde in Frage.
Der Fall macht deutlich: Die neuen Gewerbebaulandbestimmungen haben so ihre Fallstricke.















