Bozen/Rom – Ende 2019 verkündete die Landespolitik stolz, ab 2020 den Freibetrag für den regionalen Irpef-Zuschlag von 28.000 auf 35.000 Euro zu erhöhen. Einkommen bis 35.000 Euro brutto seien somit von der 1,23-prozentigen Steuer befreit. Hingegen würden Einkommen über 75.000 Euro stärker belastet, nämlich mit 1,73 Prozent. Ein hehrer Gedanke, den die Jurist:innen in der Landesverwaltung aber missverständlich niederschrieben – mit dem Segen von Landesregierung und Landtag.
Politisch gewollt war eine No Tax Area, also ein Freibetrag (= die untersten 35.000 Euro sind steuerfrei), formuliert wurde im Stabilitätsgesetz aber ein Abzug (= die obersten 35.000 Euro sind steuerfrei). Der Unterschied wird anhand eines Beispiels mit einem Bruttoeinkommen von 90.000 Euro deutlich:
- Freibetrag: Das „untere“ Einkommen von null bis 35.000 Euro ist steuerfrei, jenes von 35.001 bis 75.000 Euro wird mit 1,23 Prozent besteuert, jenes von 75.001 bis 90.000 Euro mit 1,73 Prozent.
- Abzugsbetrag: Die „oberen“ 35.000 Euro zwischen 55.000 und 90.000 Euro sind steuerfrei, die restlichen 55.000 Euro werden mit 1,23 Prozent besteuert, also nichts mit 1,73 Prozent.
Finanziell ist der Unterschied minimal (hier 75 Euro). Das Problem liegt woanders: Die Einnahmenagentur interpretierte den Passus bisher richtigerweise wörtlich als Abzugsbetrag und ließ vor wenigen Tagen wissen, dass die Interpretation nun rückwirkend geändert werde, „su espressa richiesta dell’Ente provinciale e parere favorevole (…) del Dipartimento delle Finanze“. Das Land drückt also eine Neuinterpretation durch, um für seinen Fehler nicht büßen zu müssen (mit Mindereinnahmen), stattdessen lässt es die Bürger:innen büßen: Die Einnahmenagentur fordert sie auf, „falsch berechnete“ Steuerzahlungen zu berichtigen. Übrigens: Auf der Website des Landes stand bei Redaktionsschluss noch „Abzug“. Das Chaos ist perfekt. (cp)
Alle praktischen Details zur Angelegenheit: https://swz.it/regionaler-irpef-zuschlag-ein-grosses-schlamassel/(öffnet in neuem Tab)