Südtirol hat sich lange nicht von den Folgen des Einbruchs der Wirtschaftsleistung im Krisenjahr 2009 erholt. Viele Unternehmen waren zurückhaltend mit Investitionen und haben erst einmal abgewartet, und die Verbraucher haben es ihnen gleichgetan und im Zweifel über die weitere Entwicklung etwas mehr gespart als früher. Zum Jahresende 2015 zeichnet sich eine nachhaltige Trendumkehr ab: Das Optimismus-Niveau hat wieder einen Stand erreicht, wie ihn eine gesunde Volkswirtschaft braucht. Viele Faktoren haben dazu beigetragen: Die Südtiroler Exporte streben neuen Rekordwerten entgegen, die touristischen Sommerzahlen sind deutlich im Plus, der Einzelhandel meldet ein Ende der Nachfrageflaute, und selbst die Bauwirtschaft scheint die Talsohle überwinden zu können. Zudem zieht die Beschäftigung an, und auch die niedrigen Zinsen, die Kredite billig machen und Sparer zum Geldausgeben veranlassen, treiben Investitionen und Konsum. Dazu kommt, dass die Heiz- und Treibstoffkosten deutlich gesunken sind, die Steuerbelastung leicht zurückgegangen ist und der niedrige Kurs des Euro Ausfuhren in Nicht-Euroländer begünstigt. Umfragen weisen darauf hin: Die Zuversicht bezüglich der weiteren Entwicklung ist zurückgekehrt. Und Optimismus ist volkswirtschaftlich gesehen die halbe Miete.
Die andere Hälfte der Miete ist von anderen Faktoren bedingt – und Südtirol muss seine Hausaufgaben machen, um für die Zeit gerüstet zu sein, wenn das Geld und das Öl (sowie andere Rohstoffe) nicht mehr so billig sind und sich der Staat nicht mehr zum Nullzinssatz verschulden kann. In erster Linie muss sichergestellt werden, dass Investieren in Südtirol für einheimische und auswärtige Unternehmer nicht zu einem Spießrutenlauf mit zu oft negativem Ausgang wird. Unser Nachbarland Tirol zeigt uns, was kurze Entscheidungswege sind und wie Verwaltungen versuchen, Investoren den Weg zu ebnen, anstatt ihnen Prügel vor die Füße zu werfen.
Die andere Hälfte der Miete, das ist das Wirtschaftsklima, das darüber entscheidet, ob die Chancen, die der Optimismus eröffnet, genutzt werden oder nicht – und wenn, ob am Standort Südtirol oder doch lieber anderswo.