Billund – Am Anfang war der Plastik-Baustein. So oder ähnlich, könnte man meinen, begann die Geschichte von Lego, dem nach Umsatz größten Spielwarenhersteller weltweit. Doch das stimmt nicht ganz. Das berühmte bunte Klötzchen, das die Herzen vieler Kinder – und wahrscheinlich mindestens genauso vieler Eltern – höherschlagen lässt, kam in der Firmengeschichte des dänischen Unternehmens Lego erst später.
Von der Zieh-Ente zum Plastik-Baustein
Begonnen hat alles mit Spielzeug aus Holz. Der Gründer, Ole Kirk Kristiansen, war eigentlich Schreiner, er baute Möbel, Fenster und Türen. Als die Weltwirtschaftskrise von 1930 auch vor seiner Heimatstadt Billund in Dänemark nicht haltmachte, begab er sich auf die Suche nach einer neuen Einnahmequelle. Und so fing er an, Holzspielzeug zu entwerfen. Er baute Zieh-Enten, Flugzeuge, Jojos. Mit dem Unternehmen ging es wieder aufwärts. In diesen Jahren gab der Gründer der Firma den Namen Lego, der sich aus den dänischen Wörtern „Leg“ und „godt“ zusammensetzt, was so viel wie „spiel gut“ bedeutet.
In den 90er-Jahren ließ der Erfolg des Unternehmens deutlich nach. In dieser Zeit rutschte Lego in die roten Zahlen, 2004 stand die Firma kurz davor, Insolvenz anzumelden.
Erst Ende der 1940er-Jahre begann Lego das Produkt herzustellen, mit dem es weltweit Berühmtheit erlangte: die Bausteine aus Plastik. Die Idee schaute sich der Gründer Ole Kirk Kristiansen aber von einer anderen Firma ab: „Als Lego in den 1940er-Jahren begann, Plastikbausteine herzustellen, kam die Inspiration dazu von einer britischen Firma namens Kiddicraft, die offiziell Teil der Firmengeschichte ist. Also nein, Lego hat den Legostein nicht erfunden“, erklärte Casper Schrøder, Journalist vom Dänischen Radio, der das Unternehmen seit Jahren begleitet, im vergangenen Jahr gegenüber ARD.
Als Erster in Dänemark – so wird es zumindest überliefert – kaufte Kristiansen eine Kunststoff-Spritzmaschine und begann, die bunten Bausteine zu produzieren. Anfangs gab es nur zwei Sorten der bunten Klötzchen im Sortiment. Über die Jahre sind dann noch Tausende andere Designs dazugekommen.
Der Erfolg kam mit der zweiten Generation
So richtig Erfolg hatte die Firma aber erst in der zweiten Generation. In den 1950er-Jahren übernahm einer der Söhne, Godfred Kristiansen, die Geschäftsleitung. Er war auch derjenige, der damit anfing, aus den Steinen und Platten Sets zusammenzustellen und zu verkaufen. Kurz nach dem Tod des Gründers meldete Godfred Kristiansen ein Patent auf die Plastik-Bausteine an.
Mittlerweile zählt das Unternehmen 17.400 Mitarbeitende in 30 Ländern. Trotz seiner Größe ist Lego nach wie vor ein Familienunternehmen und damit nicht börsennotiert.
In den 90er-Jahren ließ der Erfolg des Unternehmens deutlich nach. In dieser Zeit rutschte Lego in die roten Zahlen, 2004 stand die Firma kurz davor, Insolvenz anzumelden. Als Grund nennt der dänische Journalist Schrøder gegenüber ARD: „In den 90ern wurden Computerspiele plötzlich sehr populär. Sie haben den Kindern Zeit gestohlen, und die haben nicht mehr so viel Lego gespielt.“ Daraufhin holte die Familie Kristiansen, die das Unternehmen auch heute noch in der Hand hält, zum ersten Mal einen externen Manager an Bord. Daraufhin ging es mit der Firma wieder aufwärts. Seither wächst der Umsatz stetig.
Lego legt zu, die Konkurrenten verlieren
Mittlerweile zählt das Unternehmen 17.400 Mitarbeitende in 30 Ländern. Trotz seiner Größe ist Lego nach wie vor ein Familienunternehmen und damit nicht börsennotiert.
Im vergangenen Jahr erwirtschaftete es einen Umsatz von 8,7 Milliarden Euro – ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Der Gewinn lag 2022 bei 1,8 Milliarden Euro (plus vier Prozent). „Wir haben unsere eigenen Erwartungen übertroffen“, sagte dazu der Konzernchef Niels Christiansen.
Bei Legos größten Konkurrenten Hasbro und Mattel läuft das Geschäft derzeit hingegen nicht sonderlich gut, wie das Handelsblatt berichtet. Der Umsatz von Hasbro, der Nummer zwei der Branche, sei 2022 um neun Prozent auf 5,9 Milliarden Dollar geschrumpft. Zu Hasbro gehören Marken wie Monopoly, Nerf oder Play-Doh. Beim drittgrößten Spielwarenhersteller, Mattel (u. a. Barbie) stagnierte der Umsatz im vergangenen Jahr, während sich der Gewinn halbierte.
Dasselbe Prinzip seit 70 Jahren
Was macht Lego, das seit 70 Jahren mehr oder weniger dasselbe Produkt anbietet, anders als seine Konkurrenten? „Die Dynamik, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, hat sich 2022 fortgesetzt“, so Niels Christiansen, der CEO und Präsident der Gruppe. „Getrieben wurde sie von den in dieser Zeit getätigten Investitionen, die sich heute auszahlen und die Grundlage für langfristiges, nachhaltiges Wachstum schaffen.“
Den Erfolg von Lego im Vergleich zu seinen Mitbewerbern erklärt das Handelsblatt mit zwei ausschlaggebenden Unterschieden in der Strategie. Erstens setzt Lego stark auf selbst betriebene Geschäfte. Die sogenannten „Lego Stores“ sind mittlerweile auf die gesamte Welt verteilt.
Und zweitens bezieht das skandinavische Unternehmen sein Produkt nicht von Auftragsfertigern, sondern produziert es selbst in eigenen Fabriken. Dadurch hatte Lego seine Lieferketten etwa während der Pandemie besser im Griff. Auch ermöglicht das eine gewisse Flexibilität: Während die Konkurrenten schon zu Jahresbeginn die Mengen festlegen müssen, die sie zu Weihnachten benötigen, hat Lego mehr Spielraum.
Mit Fantasie bauen
Hinzu kommt die Grundidee der Lego-Bausteine, die über Generationen hinweg Anklang findet: Kinder sollen aus den Plastik-Teilen mithilfe ihrer Fantasie bauen, worauf sie Lust haben. Zwar wird mittlerweile mehr nach den Anleitungen der verschiedenen Sets als frei aus dem Kopf heraus gebaut, doch viele betrachten diese Spielweise nach wie vor als pädagogisch wertvoll.
Um dennoch am Puls der Zeit zu sein, gibt Lego auch immer wieder Themensets oder neue Linien heraus. So hat das Unternehmen etwa mit den Bausätzen mit vielen Spezialbausteinen zu „Star Wars“, „Harry Potter“ oder auch einem VW-Bus zum Nachbauen viel Erfolg – sowohl bei Kindern als auch bei älteren Spielerinnen und Spielern.
Bausteine mit Imageproblem
Lego kämpft zwar nicht mit sinkenden Erlösen, wie andere Unternehmen aus der Branche, dafür aber mit einer anderen Herausforderung: Der Hauptrohstoff seiner Produkte, Plastik, hat ein Imageproblem. Seit vier Jahren stellt die Firma deshalb, wie das „Manager Magazin“ berichtet, biegbare Teile wie Minifiguren oder Pflanzenelemente aus Zuckerrohr her. Für die ikonischen bunten Klötzchen fehlt bislang hingegen eine Alternative. B
is 2030 will die Gruppe deshalb 400 Millionen Euro investieren, um einen Ersatz für die erdölbasierten Bausteine auf den Markt zu bringen. Dem Unternehmen zufolge versuchen Forscher:innen derzeit u. a. herauszufinden, inwieweit sich Pflanzenfasern wie Mais, Weizen und Zellulose als Alternative eignen.
2021 stellte die Lego-Gruppe außerdem einen Prototyp aus recycelten PET-Flaschen vor. Dieser wird noch getestet und optimiert, bevor die Produktion starten kann.
Auch für seine Packungen aus Einwegplastik, in die die Lego-Sets verpackt sind, erntet die dänische Firma immer wieder Kritik. Bis 2025 sollen die Plastiktüten mit solchen aus Papier ersetzt werden.