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Der Lifestyle im Knödel

Trendige Knödel, aufgepeppter Apfelsaft und stylische Marmeladen – Findige Südtiroler Unternehmer machen aus typisch regionalen Lebensmitteln bzw. Produkten aus traditionellen heimischen Zutaten durch gewieftes Marketing urbane Lifestyle-Produkte.

Simone Treibenreif von Simone Treibenreif
24. Januar 2014
in Südtirol
Lesezeit: 5 mins read

Bozen – Was muss man essen, damit es einem nach dem Essen gut geht? Diese Frage bewegt Alexander Gross. Aus der Antwort, die er für sich darauf gefunden hat – nämlich Vollwertkost –, hat der Bäckermeister, Lebensmitteltechniker und Ernährungsberater ein Geschäft gemacht: Er stellt aus speziellen, zum Teil in Südtirol geernteten Getreidesorten wie Einkorn, Emmer, Dinkel oder Roggen Bio-Vollwertnudeln her, die unter dem Markennamen Pastalpina vertrieben werden.

Täglich produziert der Jungunternehmer, der Pastalpina im vergangenen August aus der Taufe gehoben hat, 35 bis 50 Kilogramm Nudeln; aber auch Grissini aus Dinkelmehl hat er mittlerweile im Sortiment.

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Mit seinen Produkten setzt Alexander Gross im Lebensmittelbereich auf einen Trend, den immer mehr Südtiroler Unternehmer für sich entdecken: Natürlich, regional und gesund sind die Schlagworte der Stunde. Gepaart mit einer stylischen Verpackung und einer interessanten Geschichte hinter dem Produkt bzw. der Marke entwickeln typische Südtiroler Lebensmittel bzw. aus traditionellen Südtiroler Zutaten hergestellte Produkte Lifestyle-Potenzial – und heben sich dadurch von anderen Produkten derselben Sparte ab.

So gibt es in Südtirol mittlerweile beispielsweise eine Vielzahl von kleineren Apfelsaftherstellern. Einer der bekanntesten ist Thomas Kohl vom Obsthof Troidner am Ritten. Ihm gelingt es, durch geschicktes Marketing seine Bergapfelsäfte auch außerhalb der Landesgrenzen immer wieder in verschiedensten Medien zu positionieren und ihnen so zu Bekannt- und Begehrtheit zu verhelfen. Kohl sicherte sich 2011 beispielsweise auch den Südtirol Award der Wirtschaft in der Kategorie Marketing – und das gegen ungleich größere Konkurrenten mit einem weit größeren Marketingbudget wie die Brauerei Forst. „Thomas Kohl gelingt es, den Apfelsaft als südtiroltypisches Premiumprodukt zu positionieren“, befand die Jury damals.

Ebenfalls auf Erfolg mit Apfelsaft hoffen Christian Plattner und Philipp Klammsteiner von der im vergangenen Jahr gegründeten Bozner Drinkfabrik GmbH. Diese produziert ADAM, einen Energy-Drink auf Basis von Südtiroler Apfelsaft, versetzt mit natürlichem Koffein. ADAM ist also einerseits typisch südtirolerisch, andererseits möchten die Hersteller das Getränk zum modernen urbanen Lifestyle-Produkt aufbauen. „Die Gründer glauben, dass sich folgende Trends im allgemeinen Lebensmittelmarkt auch auf den Energy-Drink-Markt ausdehnen werden: Der Konsument von heute ernährt sich bewusster und legt mehr Wert auf Gesundheit und Natürlichkeit. Er sehnt sich etwa nach natürlichen Produkten, die frei sind von zugesetztem Zucker und E-Nummern“, heißt es dazu im Businessplan der Drinkfabrik. Aufgrund dieses Megatrends – so bezeichnen Zukunftsforscher besonders tiefgreifende und nachhaltige gesellschaftliche und technologische Trends – sehen Plattner und Klammsteiner eine Chance, ADAM in einer Nische zu etablieren.

Ein weiterer Megatrend im Lebensmittelsektor neben Gesundheit/Natürlichkeit ist die Regionalität. „In der inzwischen total globalisierten, immer wieder von Lebensmittelskandalen geschüttelten Welt sorgt die regionale Herkunft von Produkten bei den Verbrauchern für Vertrauen; sie haben quasi den Eindruck, sie würden den Produzenten persönlich kennen“, erklärt Bettina Schmid, Managerin des Cluster Alimentaris im TIS, einen weiteren Erfolgsfaktor für die Südtiroler Lifestyle-Lebensmittel. Durch dieses Vertrauen seien die Konsumenten auch bereit, den oft höheren Preis für die Produkte zu bezahlen.

Die Absatzmärkte für diese besonderen Lebensmittel seien, so Schmid, in erster Linie urbane Zentren; aber auch Südtirol-Urlauber, die die heimische Küche kennen und schätzen und sich ein Stück davon nach Hause nehmen möchten, sind potenzielle Abnehmer. „Wenn man etwa Tiefkühl- bzw. Convenience-Produkte betrachtet, dann ist Italien gerade für qualitativ hochwertige Produkte noch ein unterentwickelter Markt. Denn der Italiener schätzt gutes Essen und ist, wenngleich krisengeschüttelt, großteils immer noch bereit, dafür gutes Geld auszugeben“, weiß Schmid.

Daneben verkaufen sich Convenience-Produkte – also vorgefertigte Lebensmittel, bei denen der Hersteller bestimmte Be- und Verarbeitungsstufen übernimmt – auch deshalb immer besser, weil sich das Frauenbild auch in von traditionellen Rollenverteilungen geprägten Gesellschaften wie Südtirol oder dem restlichen Norditalien ändert. „Mittlerweile arbeiten immer mehr Frauen Teil- oder Vollzeit und haben weniger Zeit zum Kochen, wollen aber dennoch gesunde Gerichte mit Charakter auf den Esstisch bringen“, führt Bettina Schmid aus.

Mit Südtiroler Convenience-Produkten ist die Firma Alpeker GmbH im italienischen Einzelhandel sowie in der gehobenen Gastronomie präsent, neuerdings auch mit dem wohl bekanntesten Südtiroler Traditionsgericht, dem Knödel. Eine Marktanalyse hatte zuvor ergeben, dass Natürlichkeit und Wohlbefinden, Genuss und Funktionalität von Lebensmitteln ganz oben auf der Kundenwunschliste stehen. „Unser Ansatz ist es, Südtiroler Traditionsgerichte – von der Vorspeise über die Hauptspeise mit Beilagen bis hin zum Dessert – als Tiefkühlprodukte anzubieten“, erläutert Alpeker-Chef Helmut Zuegg.

Den Knödel in die Welt hinaus bringen wollte auch Paul Grüner, Gastronom aus dem Schnalstal: Sein Projekt Ö wie Knödel wurde bereits 2006 geboren. Das ehrgeizige Ziel: aus dem bodenständigen, traditionellen, mit dem guten Südtiroler Image behafteten Knödel ein neues, trendiges Lifestyle-Produkt machen. Grüner wollte Knödel in den verschiedensten Geschmacksvarianten in Knödelpoints servieren, einer Art noblen Fast-Food-Restaurants. Ein erstes wurde dann, nachdem Grüner sein Konzept an eine deutsche Investmentgruppe verkauft hatte, in der Nähe von Friedrichshafen eröffnet, zugleich wurden einige Kunden im Lebensmittelsektor beliefert. „Da das Unternehmen jedoch von Leuten geführt wurde, die vor allem aus der Elektronikbranche kamen, war das Projekt nicht so von Erfolg gekrönt, und ich habe die Firma samt Konzept 2011 wieder zurückgekauft“, sagt Paul Grüner. Zwar könne er sich aus zeitlichen Gründen Ö wie Knödel derzeit nicht widmen, er sei jedoch „nach wie vor überzeugt davon, dass die Chancen vor allem im Direktverkauf zum Essen zum Beispiel auf Weihnachtsmärkten und Messen oder über mobile Stände liegen“. Diesbezüglich erhalte er auch immer wieder Anfragen.

Convenience-Produkte sind auch vom Ultner LaugenRind und vom Villnösser Brillenschaf erhältlich. Bei beiden Projekten stehen nachhaltige Landwirtschaft, kurze Transportwege und regionale Wertschöpfung genauso wie gesunde Ernährung im Mittelpunkt. Ziel ist es auch, so viele Teile des Tieres wie möglich zu verwerten, und nicht nur die sogenannten Edelteile, die als Frischfleisch regen Absatz finden. Nun können vom Ragout über Bratensaucen bis hin zu den Kaminwurzen die verschiedensten vorgefertigten Produkte erworben werden.

Veredelte Früchte dagegen sind das Geschäft von Stefan Gruber: Der Pusterer produziert mit seinem Unternehmen Alpe Pragas Fruchtaufstriche (gemeinhin Marmeladen genannt), Chutneys, Sirupe, eingelegte Früchte und Smoothies – und das mit so vielen in Südtirol angebauten Früchten wie möglich und ohne zugesetzte Farb-, Aroma- und Konservierungsstoffe. Deshalb und wegen des hohen Fruchtanteils von etwa 70 Prozent müssen beispielsweise die Marmeladen, sobald die Originalverpackung einmal geöffnet ist, nach ein bis zwei Wochen gegessen werden, ansonsten verderben sie. „Gerade diesbezüglich haben wir in den vergangenen Jahren gemerkt, dass die Konsumenten sensibler werden. Sie akzeptieren mittlerweile, dass sie solche Kompromisse wie das raschere Aufbrauchen der Produkte nach dem Öffnen eingehen müssen, wenn sie Natürlichkeit wollen“, sagt Gruber, der seit fast 15 Jahren im Geschäft mit den natürlichen Lebensmitteln tätig ist.

Hergestellt werden die Alpe Pragas-Produkte übrigens im abgeschiedenen Dorf Außerprags, wo Gruber auf dem elterlichen Hof auch selbst Erd-, Johannis-, Stachel- und Himbeeren anbaut. Diesen scheinbaren Standortnachteil macht Stefan Gruber zur Legende von Alpe Pragas. So kann man auf der Unternehmenshomepage nachlesen: „Liegen wir doch mitten in den Dolomiten, im Herzen der einzigartigen Bergkulisse mit Weltnaturerbe-Status. Den glasklaren Pragser Wildsee vor Augen, die mächtigen Drei Zinnen im Rücken: Das inspiriert!“

Und weil es in Südtirol so viel inspirierende Natur gibt, könnte die Liste der Südtiroler Unternehmer, die mit naturbelassenen und/oder regionaltypischen Lebensmitteln auf Erfolgskurs sind, noch weiter fortgeführt werden – allein, dies würde den Rahmen sprengen.

Schlagwörter: 03-14freenomedia

Ausgabe 03-14, Seite 6

Simone Treibenreif

Simone Treibenreif

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