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Der bunte Makler

200 Anzüge und 300 Hemden nennt Friedrich Überbacher sein Eigen. In schrillen Outfits trifft sich der Immobilienmakler mit Kunden am Bau oder macht darin Werbung. Er ist eine Figur in der Szene und seine eigene Marke. Doch wer ist der Unternehmer dahinter?

Südtiroler Wirtschaftszeitung von Südtiroler Wirtschaftszeitung
27. Januar 2017
in Menschen & Unternehmen
Lesezeit: 5 mins read

Die Glockenuhr des Brixner Doms schlägt halb 12. Die Kamera schwenkt ins Innere der Kanzlei. Das rote Telefon klingelt. Der Hausherr nimmt mit sonorer Stimme ab: „Immobilien Domus, Überbacher? Bin gleich bei Ihnen.“ Und schon ist der Zuseher mittendrin auf der Reise des Friedrich Überbacher durch sein Brixen. Zum Takt des hippen Musikvideos wechselt der 57-jährige Kostüme und Orte: mal Batman-Frack im Rohbau, mal Blümchenanzug in der Hofburg, mal Jogging-Ganzteiler im Leopardenmuster in seiner Kleiderkammer. Die Krönung: eine Sequenz, in der Überbacher breitbeinig auf dem Dach eines weißen Jeeps steht und telefoniert.

Der Film ist Stadtgespräch in Brixen. Auf der Homepage des Immobilienmaklers wird es hundertfach angeklickt und im Internet geteilt. Dort, wo andere zuoberst auf der Seite ihre neuesten Objekte platzieren, steht er: Friedrich Überbacher. Der – wie er sich selbst nennt – bunte Immobilienmakler. Wer ist der Mann, der sich so auffällig wie kein anderer Unternehmer in Südtirol kleidet und wirkt, als mache er Werbung für ein Modeunternehmen und nicht für sein Immobilienbüro, das er seit fast 37 Jahren führt?

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„Ich war schon immer anders, wenn es um Kleidung oder Ästhetik geht. Aber auch am Bau habe ich immer hundert Lösungen parat. Das rührt vielleicht von den vielen Messen auf der ganzen Welt her, die ich schon als Kind gemeinsam mit meinem Vater besucht habe. Das waren Einrichtungsmessen, Baumessen, Kunstmessen, Antiquitätenmessen und Zubehörmessen. Ich habe in Berlin Dinge gesehen, die kamen erst 40 Jahre später nach Südtirol. Das hat zu einem offenen Geist geführt, der vielleicht offener ist als manch anderer. Offener heißt aber nicht besser.“ Der Makler meint „ganz einfach anders, bunter, kreativer und manchmal auch etwas verwegener“.

Anders ist Friedrich Überbacher in vielerlei Hinsicht. Im Maklergeschäft, in dem es mitunter trocken und abgebrüht zugeht, erinnert der gebürtige Mühlbacher mit seinen runden Brillengläsern und langen Haaren eher an einen virtuosen Maestro der Klassik als an einen Immobilienkaufmann. Dabei hat er das Geschäft von der Pike auf gelernt. Mit 20 Jahren folgt er 1980 nach dem Abschluss des humanistischen Lyzeums im Vinzentinum, einigen Semestern an der Rechtsfakultät in Florenz, verschiedenen Fachseminaren und Seminaren über positive Lebensführung seinem Vater in das Gewerbe mit Immobilien nach. Das seit 1967 bestehende Immobilienbüro in bester Lage am Brixner Domplatz wird zum Familienbetrieb. Der junge Friedrich lernt vom Vater geschäftliche Grundregeln, an die er sich bis heute hält: „Ich nehme keinen Verkauf einer Wohnung an, bei der ein Kunde mehr als den eigentlichen Wert bezahlen müsste. Das mache ich nicht. Ein Eigenheim ist eine Art Lebenswerk, da muss es marktgerecht, sprich ehrlich zugehen. Da habe ich schon viele entsprechende Anfragen wieder abgewiesen.“ Bei der Einschätzung einer Immobilie verlässt sich Überbacher, der mit seinem Neffen nur einen einzigen Mitarbeiter hat, auf seine Erfahrung: „Wenn du 37 Jahre lang Ziegel und Mauern riechst, einatmest und vermittelst, muss man das Geschäft einfach beherrschen.“

Damit er sein Geschäft beherrscht, arbeitet Friedrich Überbacher viel, ist ständig erreichbar und trifft sich und redet mit vielen Leuten. Nicht umsonst gilt er als einer der am besten vernetzten Immobilienmakler in Südtirol. Auch hier hat der Vater laut dem Brixner eine entscheidende Rolle gespielt. „Ich glaube, es hat in den 1970er Jahren kein Dorf in Südtirol gegeben, in dem mein Vater nicht geschäftlich tätig war. Er hat überall Leute gekannt – vom obersten Vinschgau bis tief ins hinterste Ahrntal.“

In den „guten Jahren“, in den 80ern bis in die Mitte der 90er, ist Friedrich Überbacher als Jungunternehmer so beschäftigt, dass er 16 Jahre einfach „vergisst“, in den Urlaub zu fahren. 16 Jahre. Er wiederholt die Zahl so langsam, dass man sie ihm glauben muss. In dieser Zeit reift in Friedrich Überbacher der Gedanke, dass er kinderlos bleiben will. „Ich hätte nie die Zeit für Kinder gehabt. Ich habe mein Leben dem Beruf gewidmet. Da hätten Kinder nie Platz gehabt. Heute bin ich, so glaube ich zumindest, froh über diese Entscheidung.“ Fokussierung auf das Geschäft definiert der Makler als „Erfolgsgeheimnis“: „Bei mir darf das Telefon 365 Tage im Jahr 24 Stunden lang klingeln. Kunden können mich das ganze Wochenende anrufen. Das muss sein. Der Kunde braucht diese Betreuung, und ich bin da, wenn er sie braucht.“

Wenn sich Friedrich Überbacher Zeit für sich selbst nimmt, dann macht er zehn Tage im Jahr Ferien. Nicht mehr. Oder er betreibt Sport: Einmal pro Woche geht der frühere Amateurradsportler in den Fitnessclub oder steigt im Winter auf die Langlaufskier. Auch Rad fährt er immer noch. Daneben achtet der schlanke und hochgewachsene Mann sehr auf seinen Körper. Überbacher trinkt keinen Alkohol, isst wenig, schläft ausreichend. Das Rauchen ist das einzige Laster. „Am Bau musst du einfach rauchen“, lacht er.

Das athletische Endprodukt seiner asketischen Lebensweise stellt Überbacher gerne auf Werbeplakaten oder Fotos dar, wo er mitunter viel Haut zeigt oder sogar nackt, einmal nur von einem Basketball verhüllt, auftritt. „Ich habe meine Person, vor allem bei der Werbung, immer bewusst in den Vordergrund gestellt. Die Fotos sind alle gelungen. Ich kann meinen Körper auch in meinem Alter herzeigen, ist doch schön so.“ Ist Friedrich Überbacher ein Narzisst? „Ja, der Narzissmus könnte hier mitspielen. Ich mag mich schon und bin mit mir eigentlich im Reinen. Ich lege auch darauf Wert, dass an mir immer alles passt. Ob das ein Vorteil oder ein Nachteil ist, sei dahingestellt.“ Friedrich Überbacher kennt die Vorteile. Selbst auf den internationalen Messen mit Tausenden von Leuten werde er von den Ausstellern immer wieder erkannt. Das schaffe einen Wiedererkennungsgrad und auch Vertrauen. Bei den Treffen der Südtiroler Maklervereinigung sei es am Beginn immer lustig, weil die Kollegen darauf wetten, in welcher Aufmachung der bald 58-Jährige diesmal kommen wird.

Bei aller Buntheit hat Überbacher viel Linie. Der Makler selbst mag es zum Beispiel bei der Einrichtung – wen wundert’s – gern klassisch. Die Bar des Parkhotel Laurin in Bozen gehört zu seinen Lieblingsplätzen, bei seinen Stippvisiten in St. Moritz genießt er nicht die Skipisten, sondern das zeitlose Ambiente der renommierten Hotels bei einem Kaffee. Im Moment richtet er es sich in seiner denkmalgeschützten Villa am Brixner Domplatz ein. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen. „Ich mag italienische Stilmöbel. Bei dem Hype um die geradlinigen modernen Wohnformen ist in Vergessenheit geraten, dass wir in Mailand und in Meda die besten Fabrikanten von Stilmöbeln auf der Welt haben. Die liefern heute nur noch nach China, Japan oder Russland – und an mich. Ich richte bei mir alles klassisch ein.“ An den modernen Wohnformen stört Friedrich Überbacher, dass sie so penibel gezogene 90-Grad-Winkel haben, dass sie so dunkel sind und dass ihre Aufgeräumtheit im echten Leben schnell verblasst. „Schauen Sie sich doch die Renderings der modernen Wohnungen einmal genau an. Darin kommen meist sehr wenige bis gar keine Alltagsgegenstände vor. Das sind grandiose Bilder, aber da sind nie Kleider auf den Betten oder Patschen auf dem Boden. Das würde das Bild zerstören. Aber das ist doch nicht die Realität. In einer klassisch eingerichteten Wohnung macht es hingegen nichts aus, wenn was auf dem Bett oder auf dem Stuhl liegt. Im Gegenteil: Sie wird dann noch gemütlicher.“

Ist der Makler, der auf den ersten Blick so extravagant wirkt, vielleicht im Kern doch viel bodenständiger, als man eigentlich annehmen würde? „Wohnungen und Baustellen sind mein Leben. Ich mag den Geruch von Rohbau und Ziegelsteinen immer noch sehr. Damit bin ich sehr, sehr glücklich. Ich möchte nichts anderes. Und ich werde diese Arbeit so lange machen, solange sie mir solche Freude bereitet.“

Schlagwörter: 04-17freenomedia

Ausgabe 04-17, Seite 4

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