Ridnaun – Paula Volgger ist eine Gastwirtin, wie sie im Bilderbuch steht. Sie versprüht eine natürliche, unaufdringliche Freundlichkeit, wie sie nur gelingen kann, wenn sie echt ist. Wer Paula Volgger im Plunhof in Ridnaun entgegentritt, hat irgendwie das Gefühl, wirklich willkommen zu sein. Keine Spur von jenem übertriebenen Empfangsgehabe, wie es im Urlaubsgeschäft oft aufgesetzt wird. Paula Volgger ist „normal“, sie ist sie selbst, wenn sie ihre Gäste begrüßt oder mit ihnen plaudert. Die 64-Jährige, die mit 31 Hotelierin wurde, als sie soeben ihr achtes Kind zur Welt gebracht hatte, vermittelt den Eindruck, dass ihr der Kontakt mit Menschen – mit ihren Gästen – jeden Tag aufs Neue Freude bereitet.
Freude bereiten ihr freilich auch ihre acht Kinder: Petra (46), Egon (44), Gabi (43), Erna (40), Erwin (39), Günter (37), Peter (35) und Thomas (33) arbeiten allesamt im Betrieb mit, „obwohl ich niemanden dazu gezwungen habe“, wie Paula Volgger stolz anmerkt. Es habe sich einfach so ergeben, ergänzen die Kinder, die längst keine Kinder mehr sind. Zwar hatte der eine oder andere zunächst andere Berufspläne – Peter beispielsweise wollte Tischler werden und Thomas begann bei einem Steuerberater -, doch letztendlich zog es doch alle magisch ins elterliche Hotel. Die Geschwister staunen selbst darüber, wie das so kommen konnte, und die stolze Mama freut sich.
Inzwischen rückt bereits die dritte Generation nach: Mit Andreas ist ein erster Enkel bereits eingebunden, und Carolin lässt sich derzeit zur Konditorin ausbilden, mit der festen Absicht, in naher Zukunft den süßen Versuchungen im Plunhof ihren Stempel aufzudrücken. Unterstützt wird das zehnköpfige Familienteam von rund 35 Mitarbeitern.
Die Familie Volgger ist im Plunhof sozusagen immer und überall. Praktisch an jeder Ecke begegnet der Gast einem Mitglied der Inhaberfamilie. Das, was nachweislich eine der größten Stärken des Südtiroler Tourismus ist, nämlich die tägliche Präsenz der Gastwirtefamilie, wird im Plunhof ins Quadrat erhoben. Gleichzeitig ist es bemerkenswert, dass diese Konstellation überhaupt funktioniert. Sehr oft kämpfen Familienunternehmen – im Tourismus, aber nicht nur dort – mit Spannungen, wo zwei Generationen oder zwei Geschwister zusammenarbeiten. Im Plunhof harmonieren offensichtlich gleich drei Generationen und acht Geschwister.
Wie geht das? „Diese Frage hören wir oft“, antwortet Thomas, der Jüngste, der exakt gleich alt ist wie das Hotel. Eine klare Antwort wissen die Geschwister trotzdem bis heute nicht. „Jeder tut, was ihm gefällt“, antwortet Petra. Oder war es Gabi? Im Plunhof verliert man leicht den Überblick, welcher Inhaber was gesagt hat. Beim Termin mit der SWZ stößt immer wieder ein weiteres Familienmitglied hinzu, während ein anderes verschwindet, weil die Pflicht ruft. Nur die Mama bleibt als ruhender Pol von der ersten bis zur letzten Minute dabei.
„Ein Erfolgsrezept ist sicher auch, dass die Aufgaben klar verteilt sind und dass jeder seinen Verantwortungsbereich hat“, vermutet Thomas. Petra organisiert das Frühstück, Egon und Peter sind für die Küche verantwortlich, Gabi kümmert sich um Zimmerservice und Dekoration, und im Service sind Erna, Erwin und Günter (Letzterer mit Schwerpunkt Wein) die ersten Ansprechpartner der Gäste. Thomas, der Jüngste, der nach einem berufsbegleitenden Wirtschaftsstudium die Verwaltung verantwortet, wird von Mutter Paula schmunzelnd „unser Finanzminister“ genannt. Über allem wacht die Mama, „die ihre Finger überall drin hat“, wie Paula Volgger lachend feststellt, während ihre Kinder widersprechen: „Das stimmt nicht, Mama.“ Und in Richtung Journalist: „Die Mama hat in den letzten Jahren schrittweise Aufgaben abgegeben und lässt uns freie Hand.“
Kracht es wirklich nie? Die Geschwister halten inne und schauen sich an, als würden sie sich über die Frage wundern. Dann ergreift Paula Volgger das Wort: „Natürlich wird auch bei uns diskutiert wie in jeder normalen Familie. Aber es sind zum Glück Kleinigkeiten. In wichtigen Dingen sind wir uns in der Regel einig.“ Und was wird sein, wenn sich die Mama als „Supervisorin“ einmal zurückzieht? „Wir harmonieren gut, wir brauchen nicht unbedingt einen Chef. Erst für die nächste Generation werden wir eine Lösung erdenken müssen“, versichert Thomas Volgger. Aber dass sein Wort, das Wort des „Finanzministers“, schon heute besonderes Gewicht hat, lässt sich erahnen.
Die Harmonie in der Familie wirkt echt und wurde offensichtlich nicht aufgesetzt, nur weil da ein Journalist gegenübersitzt. Immer wieder ergänzen die Geschwister gegenseitig ihre Aussagen. Wenn jemand spricht, hören die anderen zu und signalisieren zwischendurch mit einem leichten Nicken Zustimmung.
Vielleicht hat auch der frühe Tod des Vaters die Familie Volgger zu dem gemacht, was sie ist. Leopold Volgger starb vor elf Jahren urplötzlich und mitten in einem großen Erweiterungsprojekt. So etwas schweißt zusammen und dass alle Geschwister am Lebenswerk ihrer Eltern weiterbasteln, hat möglicherweise auch damit zu tun.
Die Volggers betonen den familiären Charakter ihres Hauses, sie benennen beispielsweise die Suiten nach Familienmitgliedern. 2014 soll ein größeres Erweiterungsprojekt in Angriff genommen werden, um dann eine ideale Größe zu erreichen. „Wir brauchen neue Suiten, denn wir haben inzwischen wieder ein paar Namen frei“, schmunzelt Thomas Volgger mit dem Verweis auf die heranwachsende dritte Generation.
Laut Thomas Volgger erreicht der Plunhof bei 305 Öffnungstagen eine beeindruckende Vollbelegung von 90 Prozent. Die Familie, dazu hohe Qualitätsstandards betrachtet Volgger als Erfolgsrezepte. „Wir wollen unsere Gäste nicht nur zufriedenstellen, sondern begeistern und überraschen. Dann können wir von ihrer Mundwerbung profitieren“, erzählt Volgger.
Von den Lebens- bzw. Ehepartnern der Hotelierfamilie Volgger arbeitet übrigens nur Günters Partnerin Christine im Plunhof mit. „Wir versuchen Privates und Geschäftliches eher zu trennen, denn es sind schon so genug Familienmitglieder im Betrieb“, sagt Thomas Volgger. Zehn Stück sind tatsächlich eine ganze Menge.














