Bozen – 13 Ja, 15 Nein und drei Enthaltungen: Als das Team K vergangenen Mittwoch den Beschlussantrag 46 vorbrachte, war das Thema eines, das eigentlich wenig kontrovers diskutiert wird: der Bürokratieabbau. Zumeist sind sich Vertreter*innen aller Parteien nämlich einig, dass man diesen vorantreiben müsse. Dennoch wurde der Antrag abgelehnt – mit den Stimmen von SVP und Lega, die Grünen hingegen enthielten sich.
Konkret hatte Team-K-Vertreter Josef Unterholzner die Umsetzung dreier Punkte gefordert:
- Das Bassanini-Gesetz (Staatsgesetz Nr. 127 vom Mai 1997) solle konsequent umgesetzt werden. Dieses besagt, dass die öffentliche Hand jene Informationen, die sie sich selbst besorgen kann oder bereits besitzt, nicht mehr beim Bürger einfordert.
- Eine Prüfstelle solle im Südtiroler Landtag integriert werden, die für den Bürokratiecheck und Folgekostencheck von Gesetzen und Vorschriften zuständig ist. Diese solle zudem untersuchen, welche Belastungen eine eingeführte Regelung tatsächlich verursacht.
- Unnötige Behördengänge sollten durch ein besseres digitales System und eine konsequente digitale Verwaltung vermieden und Bürgerinnen somit von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.
In der vergangenen
Josef Unterholzner, Abgeordneter Team K
Legislaturperiode hat es eine Landesrätin für Verfahrensvereinfachung gegeben, doch die SVP steht sich konsequent selbst im Weg.
Nach der verlorenen Abstimmung zeigte sich Unterholzner enttäuscht: „Viele Gesetze und Verordnungen klingen in der Theorie sinnvoll und richtig. Doch Umsetzung und Durchführung sind oft ein nicht enden wollender Spießrutenlauf. Gesetze müssen Klarheit schaffen und nicht noch mehr Verwirrung und Unsicherheit stiften. In der vergangenen Legislaturperiode hat es sogar eine Landesrätin für Verfahrensvereinfachung gegeben, doch die SVP steht sich offensichtlich konsequent selbst im Weg.“ Weiter erklärt er: „Aus Parteigründen und fern von jeder sachlichen Politik-Diskussion notwendige und in der Folge spürbare Erleichterungen für die lokale Wirtschaft und die Bevölkerung abzulehnen, ist egoistisch und zeugt von politischer Kurzsichtigkeit.“ SVP-Sprecher Gert Lanz weist diese Beschuldigung ab. Die SVP habe gegen den Antrag gestimmt, da die enthaltenen Vorschläge nicht konsequent in der Umsetzung seien (siehe beistehendes Interview). Für Hanspeter Staffler von den Grünen hatte der Antrag hingegen den falschen Ansatz. Es seien die Gesetze, die Bürokratie erzeugten, und diese würden auch im Landtag gemacht. Er forderte eine rechtliche Basis für den Bürokratieabbau, quasi ein Gesetz über die Gesetzgebung.
Eine unendliche Geschichte
Der Antrag von Team K ist nur das letzte Kapitel von vielen im Kampf gegen die Bürokratie. Alles Mögliche haben die Politikerinnen im Hohen Haus schon versucht. Im Herbst 2009 forderte der damalige Landeshauptmann Luis Durnwalder Vorschläge zum Bürokratieabbau von den Wirtschaftsverbänden, die jedoch schnell in einer Schublade verschwanden. Die SVP-Mitglieder Arnold Schuler, Josef Noggler und Elmar Pichler Rolle legten drei Jahre später einen Gesetzesentwurf vor, der in den folgenden zehn Monaten bis zur Landtagswahl nie behandelt wurde. Nach ebendieser Wahl gab es mit Waltraud Deeg zum ersten Mal gar eine Entbürokratisierungslandesrätin. Neben ihr fanden sich zudem einige weitere Personen an der politischen Spitze Südtirols wieder, die sich eine Entbürokratisierung auf die Stirn geschrieben hatten. Der bereits erwähnte Arnold Schuler, außerdem Arno Kompatscher, der im Wahlkampf explizit auf die Schrecken der Bürokratie einging. Daneben noch Thomas Widmann, der als Landesrat in seinem Ressort das sogenannte Standardkostenmodell angewandt und die vereinfachende Gewerbebaulandreform eingeführt hatte.
Doch die erste „Landesrätin für Verfahrensvereinfachung“ sollte zugleich die vorerst letzte gewesen sein. In der aktuellen Legislatur wurde die Position nicht mehr vergeben.
Interview mit SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz
„Ein anderer Ansatz“
SWZ: Weshalb hat die SVP gegen den Beschlussantrag von Team K zum Bürokratieabbau gestimmt?
Gert Lanz: Die Vorschläge sind nicht konsequent genug. Wir gehen davon aus, dass aufgrund der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung neue Technologien eingeführt werden, die erst eingelebt und umgesetzt werden müssen. Dieser Prozess unterliegt bereits einer Evaluierung. Hier nun neue Analysen zu machen und Studien, bringt eigentlich nichts.
Der andere Punkt, dass die öffentliche Verwaltung nicht Daten abfragen darf, über die sie bereits verfügt, ist ebenfalls in Umsetzung. Hier gibt es bereits Richtlinien, sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene.
Es ist seltsam, dass ein Antrag kommt zum Bürokratieabbau und wenig später einer (bezüglich Studie über Steuerentlastungen und Sozialleistungen, Anm. d. Red.), wo wieder verlangt wird, neue Studien und Analysen zu machen. Alle reden vom Bürokratieabbau in den Fällen, wo ihnen die Bürokratie lästig ist. Wenn sie von anderen etwas verlangen, ist es eine Notwendigkeit.
Wir müssten grundsätzlich mal über das Thema reden und jeder sollte bei sich ansetzen. Wie viele Dokumente schicken wir herum? In der öffentlichen Verwaltung, aber auch privat zwischen den Betrieben. Da müssen wir uns fragen, ob wir die Technologien, die uns zur Verfügung stehen, richtig nutzen und wo uns das hinführt. Hier gibt es einen anderen Ansatz von uns als den von Team K, deshalb haben wir gegen den Antrag gestimmt.
Alle reden vom Bürokratieabbau, wenn ihnen die Bürokratie lästig ist. Wird von anderen etwas verlangt, ist sie eine Notwendigkeit.
Gert Lanz, SVP-Fraktionssprecher
Wieso genau bezeichnen Sie den Antrag als inkonsequent?
Als Erstes wird beim Bürokratieabbau immer gefordert, einen Tisch einzurichten, zu analysieren und zu prüfen. Das ist jedoch erneut ein Schritt in Richtung mehr Bürokratie. Man muss wieder Daten sammeln, wieder Leute befragen, wieder Dokumente einfordern und aufbewahren. Auch in Zukunft werden wir ein gewisses Maß an Bürokratie brauchen. Das verlangt unsere Gesellschaft und Entwicklung. Wir möchten aber, dass zuerst jeder für sich nachdenkt, was sinnvoll ist.
Welchen Ansatz verfolgt die SVP?
Der konkrete Ansatz ist, dass im Rahmen der Digitalisierung der Verfahren und verwaltungstechnischen Abläufe genau diese Argumente mit einfließen. Genau abzuwägen, welche Daten verlangt werden und welche bereits vorhanden sind. Zu fragen, wo sie aufbewahrt werden und wie die Prozesse optimiert werden können. Der zweite Ansatz ist, dass bei neuen Gesetzen bzw. Bestimmungen genau geprüft wird, ob diese zu neuer Bürokratie führen, und falls ja, ob der Aufwand gerechtfertigt ist, das heißt, wir fragen nach, ob mit den Daten effektiv etwas gemacht wird oder ob man auf sie verzichten kann. Das sind unsere Grundsätze, die wir verfolgen möchten.
Natürlich muss immer darauf geachtet werden, die Datenschutzbestimmungen einzuhalten. Welche Daten darf ich speichern? Wie lange?
Ich brauche keine Ausreden zu suchen, denn wir wissen, dass es noch viel Luft nach oben gibt und dass viel zu tun ist. Man darf aber nicht vergessen, dass das Thema mittlerweile sehr komplex ist.
Plant die SVP, in nächster Zeit selbst einen Beschlussantrag zum Thema einzureichen?
Unmittelbar werden wir keinen Beschluss-antrag zu diesem Thema vorbringen. Wir können da relativ schnell in die Umsetzung gehen, indem unsere Grundsatzüberlegungen in unsere Arbeit einfließen. Ich denke, die Landesregierung ist sehr sensibel in diesem Bereich.