Bozen – Brunch, die Kombination aus Frühstück (engl. Breakfast) und Mittagessen (engl. Lunch) ist keine neue Erfindung. Der englische Jäger Guy Beringer hat 1895 den Begriff erstmals im Magazin „Hunter’s Weekly“ mit dem Artikel „Brunch: A Plea“ veröffentlicht. Dabei pries er die Kombination von Frühstück und Mittagessen als ideale Mahlzeit nach der Jagd an. Sie solle „cheerful, sociable and inciting“, also heiter, gemütlich und anregend sein – daran hat sich bis heute nichts geändert.
Mara Vorhauser eröffnete 2017 gemeinsam mit ihrer Schwester Vera und Mutter Gerda Gius das Boutiquecafé „Gius La Nonnaglück“ in Kaltern: „Es war in Südtirol sicher eines der ersten Brunchcafés. Unsere Idee war es, Mode und Gastronomie zu verbinden. Dabei war für uns klar, dass sich der Brunch dafür am besten eignet. Wir haben auf Reisen sehr oft gebruncht und es einfach geliebt. Wir konnten nicht widerstehen, es selbst umzusetzen.“ Mit dem neuen Konzept „Mode und Brunch“ haben die drei Kaltererinnen das Interesse vieler geweckt. „Die meisten waren anfangs einfach neugierig. Schnell wurde der Brunch beliebt und viele wurden zu richtigen Brunch-Liebhabern“, erinnert sich Vorhauser. Die Auswahl an Süßem und Salzigem haben sie von Jahr zu Jahr immer wieder erweitert. „Aufgrund der großen Nachfrage bieten wir zudem laktose- und glutenfreie, vegetarische sowie vegane Brunch-Platten an. Seit ungefähr einem Jahr ist besonders der vegane Brunch beliebt, davon servieren wir mindestens einen täglich.“ Im Boutiquecafé legen die drei Frauen nicht nur auf die Vielfältigkeit der Brunch-Variationen großen Wert, sondern ebenso auf die Qualität und Regionalität. Regionale und qualitative Produkte seien für sie sehr wichtig und machen den Brunch im „Gius La Nonnaglück“ erst zu dem, was er ist.
Eine Halbtagsbeschäftigung
So gut die vielen selbst gemachten Kuchen, Eierspeisen und Früchtevariationen auch schmecken, geht es beim Brunch nicht nur um das Essen. Das gemütliche Beisammensein, der lockere Austausch und sich einfach die Zeit zu nehmen gehören ebenso dazu. „Bei uns kann man bis 14 Uhr brunchen und das nutzen sehr viele. Brunchen füllt sozusagen den halben Tag aus“, erklärt Vorhauser.
Dieses Phänomen beobachtet auch Stefanie Messner. Sie betreibt mit ihren Eltern Franz und Erna sowie ihrem Bruder Michi das Guest House „Viel Nois“ in Villnöss: „Brunchen ist viel mehr als eine Verabredung zum Essen. Das gemütliche Beisammensein und in Ruhe zu schlemmen stehen dabei viel mehr im Vordergrund. Das beobachten wir jeden Tag.“ Den Betrieb gibt es seit 2020 und von Anfang an war klar: Das Brunch-Angebot darf nicht fehlen. „Wir haben ein kleines Guest House mit 13 Zimmern und wollten zusätzlich etwas anbieten. Der Brunch ist für uns die beste Möglichkeit. Unseren Hausgästen können wir somit ein größeres und vielfältigeres Frühstücksbuffet anbieten, ohne dass zu viel übrig bleibt“, erklärt Messner. Der Betrieb habe für das Brunch-Angebot nicht geworben, es habe sich quasi von alleine herumgesprochen. Seit den vergangenen zwei Jahren sei der Brunch-Trend immer größer geworden – so auch die Nachfrage im Guest House. Das war auch der Grund, warum Familie Messner das Brunch-Buffet immer wieder erweiterte. „Die Nachfrage nach Alternativen wurde immer größer, so haben wir zusätzlich Low-Carb-Produkte, also Gerichte mit wenigen Kohlenhydraten, und vegetarische Varianten hinzugefügt.“ Ganz besonders ist Familie Messer das Konzept von „Slow Food“ wichtig. Dabei geht es nicht nur um das langsame Essen, wie es der englische Begriff „slow“ sagt, sondern gleichermaßen um das bewusste Essen mit ökonomischen und ökologisch vertretbaren Lebensmitteln. „Wir verwenden sehr viele Produkte und Zutaten für unsere hausgemachten Speisen aus dem Tal. Die Nachhaltigkeit und Qualität unseres Brunchs sind uns sehr wichtig“, betont Messner.
Ein Trend, der es hoch hinauf schafft
Der Brunch-Trend hat selbst vor den Südtiroler Almen nicht Halt gemacht. Auf 2.000 Metern Höhe wird auf der Tschötsch Alm fast jeden Tag gebruncht. „Unser Brunch besteht zum größten Teil aus Null-Kilometer-Produkten. Die meisten Speisen sind hausgemacht oder, wie zum Beispiel die Fleisch- und Wurstwaren, aus der Dolomitenregion Seiser Alm“, erklärt Betriebsinhaber Georg Jaider. Familie Jaider führt den Betrieb bereits neun Jahre. „Schon länger gibt es bei uns das Sonnenaufgangsfrühstück um 6 Uhr. Wir haben damals überlegt, was wir noch zusätzlich anbieten können, um den Vormittag besser auszufüllen. Der Brunch war die ideale zusätzliche Option, die jetzt schon seit rund drei Jahren ein wichtiger Bestandteil für unseren Betrieb ist.“ Viele kombinieren den Brunch mit einer Wanderung oder genießen den restlichen Tag im Liegestuhl auf der Terrasse. „Anfangs kamen hauptsächlich Südtiroler zum Brunchen, mittlerweile haben wir auch sehr viele Urlauber – vor allem jene, die in Ferienwohnungen und Bauernhöfen untergebracht sind“, erklärt Jaider.
Für alle Geschmäcker
Süß oder salzig? Das ist die Frage, wo sich die Geister beim Frühstück scheiden. „Die italienischen Gäste greifen vermehrt zu süßen Speisen, während es deutsche Gäste viel salziger mögen. Und je später gebruncht wird, umso beliebter sind die salzigen und deftigen Optionen“, wissen alle drei Betriebsinhaber:innen.
Eine weitere Übereinstimmung: Brunchen ist vor allem bei Frauen sehr beliebt. „Wir haben sehr viele Frauengruppen. Die Freundinnen sitzen gemütlich beisammen, schlemmen und wie wir in Südtirol sagen ‚ratschen‘ in Ruhe. Männer hingegen treffen sich da schon lieber am Abend auf ein Bier“, scherzt Mara Vorhauser. Beliebt sei der Brunch-Trend besonders bei 25- bis 40-Jährigen. Wobei seit ein, zwei Jahren vermehrt Kunden im Alter von 50 bis 65 den Brunch für sich entdeckt hätten.
Ein beliebtes Geschenk
„Sehr beliebt sind Gutscheine zum Brunchen. Dabei geht dann meist die ganze Gruppe von Freunden und Freundinnen mit“, weiß Jaider. So brunchen sehr oft Gruppen, die Geburtstage oder auch Junggesellenabschiede feiern. Natürlich kommen ebenso viele Pärchen. „Brunch-Gutscheine sind ein großer Trend. Bei uns kann man die Gutscheine jetzt sogar online herunterladen. Viele schenken mit einer Verabredung zum Brunch zugleich auch gemeinsame Zeit“, betont Vorhauser.
Sabine Kerschbaumer