Bozen – Was brauchen Eltern, um Beruf und Familie gut unter einen Hut zu bringen? Die Allianz für Familie und der Verein Thrive+ haben dazu einen Elternfragebogen erstellt, der zwischen Dezember 2024 bis April 2025 online verfügbar war. Das Ergebnis: 3.488 Eltern – darunter 3.181 Mütter und 307 Väter – haben ihre Erfahrungen und Sorgen zur aktuellen Bildungs- und Betreuungssituation von Kindern in Südtirol geteilt. Die Anliegen der Eltern sind viele und sehr breit gefächert. Der Fragebogen zeige klar auf, dass es mehr Flexibilität in den Bildungs- und Betreuungseinrichtungen und am Arbeitsplatz brauche, damit Vereinbarkeit gelingen kann, heißt es in einer Aussendung.
Mehr als die Hälfte hat Probleme bei der Sommerbetreuung
„Südtirol bietet bereits einiges an Unterstützung – aber es reicht noch nicht. Wir können mehr!“ Dieses Elternkommentar wurde zum Tenor der Initiative. Besonders deutlich wird dies bei der fehlenden Sommerbetreuung: 56,7 Prozent der Befragten gaben an, Probleme mit der Organisation der langen Ferien zu haben. Ein Elternteil schrieb: „Wir haben das Glück, Großeltern zu haben. Familien, die niemanden haben, tun sich sehr schwer – auch, weil sich viele die Sommerbetreuung nicht leisten können.“ Auch wenn viele Sommerangebote für Schulkinder aufregend sein können, so können sie gleichermaßen Stress verursachen – bei den Kindern selbst und deren Eltern. Sie wünschen sich Kontinuität und Planbarkeit, besonders für jüngere Kinder.
Rentenlücke bereitet Sorgen
Die Zahlen beweisen auch: Elternzeit ist immer noch Frauensache. Unter den Befragten sind es 2.800 Mütter, die sie übernehmen – nur 88 Väter tun das, und gerade einmal 20 Paare teilen sie gleich auf. Auch im Haushalt trägt meist die Frau die Hauptlast, obwohl sich hier etwas mehr Gleichverteilung abzeichnet. Die absehbaren Folgen belasten ebenso: Über 60 Prozent der Befragten machen sich große bzw. sehr große Sorgen um die Rentenlücke aufgrund der Kinderbetreuungszeiten. In Südtirol brauche es endlich ein Umdenken bei Vätern ebenso wie bei Arbeitgebern, die familiengerechte Strukturen für engagierte Vaterschaft schaffen müssen. Deutlich wird auch der Wunsch nach einer viel stärkeren Einbindung der Väter und Männer in allen Bereichen der Care-Arbeit.
Viele wünschen sich mehr Zeit bei den Kindern
Der Fragebogen wurde zum Kummerkasten. Mehr als 1.200 Teilnehmende hinterließen persönliche Kommentare. Viele davon drehen sich um den Wiedereinstieg in den Beruf, finanzielle Belastungen, fehlende Unterstützung bei Krankheitstagen der Kinder oder die besonders schwierige Situation von Freiberufler:innen, Alleinerziehenden und Eltern von Kindern mit Behinderung in Sachen Vereinbarkeit. Zum großen Thema wurde auch die fehlende Zeit mit den Kindern oder der Wunsch nach einer echten Wahlfreiheit. So äußerten 58,5 Prozent jener, die persönliche Kommentare ergänzten, den Wunsch, mehr Zeit bei den Kindern zu verbringen. Sie fordern die finanzielle Anerkennung von Kinderbetreuungszeit und Care-Arbeit.
Beispiele aus Schweden und Osttirol
Das Event Zukunft Familie, die Abschlussveranstaltung der Initiative, bot Ende Mai mit Beispielen aus Schweden und Prägraten (Osttirol) auch Inspiration: flexible Ganztagsbetreuung, ganzjährige Angebote und moderne kurzfristige Buchungssysteme sowie ein gesichertes Recht auf einen Betreuungsplatz sind machbar – und funktionieren. Nun ist es an der Politik, konkrete Schritte zu setzen. „Solange es als normal gilt, dass vor allem Frauen unbezahlte Fürsorgearbeit leisten und damit unser System stützen, bleibt ‚Vereinbarkeit‘ ein leeres Schlagwort“, so eine Stimme der Eltern.