Bozen – In Südtirol herrscht seit vielen Jahren Vollbeschäftigung, von der man bereits bei einer Arbeitslosigkeit zwischen zwei und drei Prozent spricht. Nun hat die Arbeitslosigkeit in Südtirol aber ganz andere Dimensionen erreicht: Wie das Landesinstitut für Statistik (Astat) am Donnerstag bekanntgab, sank sie im dritten Quartal 2024 (Juli bis September) auf 0,8 Prozent. Die Arbeitslosenquote der Frauen lag sogar bei 0,6 Prozent, jene der Männer bei 1,0 Prozent. Das Astat spricht von einem neuen historischen Rekord.
Die Zahlen sind aber mit Vorsicht zu genießen – aus zweierlei Gründen. Eines vorneweg: Es ändert nichts an der äußerst positiven Tatsache, dass der Arbeitsmarkt in Südtirol weiterhin blüht, während sich die Lage in anderen Regionen und Ländern verschlechtert.
Erstens sind die Quartalszahlen großen Schwankungen unterworfen. Gegenüber dem dritten Quartal 2023 sank die Arbeitslosigkeit etwa von 1,6 auf 0,8 Prozent, zwischen dem zweiten Quartal 2023 und dem zweiten Quartal 2024 stieg sie aber von 1,3 auf 1,6 Prozent. Aussagekräftiger ist der Durchschnittswert über ein ganzes Jahr, der bei 1,8 Prozent liegt.
Die Frage der Definition
Und zweitens ist die Berechnung der Arbeitslosenquote zu berücksichtigen. Das Astat bezieht sich in einem Schätzverfahren im Wesentlichen auf Personen, die in den vier Wochen vor der Datenanalyse mindestens eine aktive Arbeitssuche durchgeführt haben und innerhalb der nächsten zwei Wochen für einen Job zur Verfügung stehen. Im dritten Quartal waren das 2.212 Personen – 1.479 Männer und 733 Frauen.
Weit höher ist hingegen die Zahl der Personen, die in den Arbeitslosenlisten des Landes eingetragen sind. Im dritten Quartal waren über 10.000 Menschen arbeitslos gemeldet – rund 4.100 Männer und 6.200 Frauen.
Das Astat erläutert die Diskrepanz so: „Der Unterschied zwischen der Anzahl der Arbeitssuchenden laut Arbeitskräfteerhebung und jener der Eintragungen beim Arbeitsmarktservice lässt sich damit erklären, dass viele beim Arbeitsmarktservice eingetragene Personen eine Gelegenheitsarbeit wahrnehmen oder Arbeitsstunden in geringerem Ausmaß leisten. Diese Personen sind von den Arbeitssuchenden ausdrücklich ausgeschlossen. Anders als bei den registrierten Arbeitslosen definiert das Schätzverfahren des Istat/Astat Personen mit Wohnsitz in Südtirol dann als arbeitslos, wenn sie aktiv auf Arbeitssuche sind und für eine Arbeit unmittelbar zur Verfügung stehen. In den Arbeitslosenlisten der Arbeitsvermittlungszentren werden hingegen auch Personen geführt, die nicht in Südtirol ansässig sind, nicht notwendigerweise aktiv auf Arbeitssuche sind oder auch nicht unmittelbar für eine Arbeitsaufnahme zur Verfügung stehen.“
Stefan Luther, Direktor der Landesabteilung Arbeitsmarktservice, wollte sich auf Anfrage der SWZ nicht zur Einordnung der neuen Astat-Daten äußern. Er werde am Montag bei der Pressekonferenz zum Arbeitsmarktbericht für das Sommerhalbjahr 2024 ausführlich Stellung nehmen.