Bozen – Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis in Südtirol Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen, kurz Agrivoltaik, erlaubt sind. Kürzlich fanden zu diesem Thema im Rahmen des EU-finanzierten Forschungsprojektes „Symbiosyst“ ein Webinar und ein Stakeholder-Workshop statt.
„In Südtirol könnten nur auf einer Fläche von 900 Hektar Obstwiesen, was fünf Prozent der gesamten Obstanbaufläche entspricht, bis zu 550 Megawatt elektrische Leistung installiert werden“, erklärte David Moser von Eurac Research. Er sieht in der Agri-Photovoltaik eine große Chance, die Klimaziele zu erreichen. Der Ausbau der Photovoltaik auf Dachflächen sei zu langsam, um eine rasche Energiewende zu schaffen.
Die Politik ist dafür
Laut Andreas Mayr vom Südtiroler Bauernbund wird derzeit in Südtirol ein Vorschlag ausgearbeitet, der die Rahmenbedingungen für Agrivoltaik enthalten soll. „Agrivoltaik könnte ausschließlich auf Obstanbauflächen mit nur sehr geringer Hangneigung im Talboden erlaubt werden. Davon ausgenommen sind besonders schützenswerte Flächen und die nähere Umgebung“, umreißt er die wahrscheinlichen Voraussetzungen. Die Idee dahinter sei, die Auswirkungen auf das Landschaftsbild so gering wie möglich zu halten.
Dass Agrivoltaik tatsächlich bald erlaubt wird, machte Energie- und Umweltlandesrat Peter Brunner deutlich: „Die Klimaziele sind nur mit einer Photovoltaikoffensive zu erreichen, zu der auch die Agri-Photovoltaik gehört. Wichtig ist, dass die Agrivoltaik möglichst wenig Auswirkungen auf das Landschaftsbild hat. Wir brauchen die Akzeptanz der Bevölkerung.“ In enger Zusammenarbeit unter anderem mit dem Bauernbund soll schon bald ein Leitfaden mit den Vorgaben für Agrivoltaik erscheinen.
Laut Landwirtschaftslandesrat Luis Walcher muss die landwirtschaftliche Produktion immer im Vordergrund stehen. Er hofft, dass Agrivoltaik ähnlich akzeptiert werde wie mittlerweile die Hagelnetze.
Das Forschungsprojekt
Ziel des von der Eurac koordinierten Forschungsprojektes Symbiosyst ist es, Agrivoltaik so an die Gegebenheiten anzupassen, dass sowohl die Lebensmittel- als auch die Stromproduktion das volle Potential ausschöpfen kann – und zwar ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig. In den nächsten Wochen soll am Versuchszentrum Laimburg eine Pilotanlage errichtet werden.
Getestet werden verschiedene Module und Montagesysteme. „Interessant wird sein zu sehen, wie sich die Beschattung auf die Qualität, das Mikroklima, den Pflanzenschutz und den Wasserbedarf auswirkt, aber auch auf den Ertrag“, erklärte Laimburg-Wissenschafler Martin Thalheimer. Aus anderen Versuchen werde von einer geringen Auswirkung bis zu einem Produktionsrückgang von bis zur Hälfte berichtet, sagte Walter Guerra, Verantwortlicher des Instituts für Obst- und Weinbau des Versuchszentrums Laimburg.
Laut Pascal Vullo, Energieexperte im Südtiroler Bauernbund, kann angenommen werden, dass dank der Photovoltaikmodule ober den Obstbäumen der Wasserbedarf und der Pflanzenschutzmitteleinsatz verringert werden können. Und bei Wind, Frost, Hagel, Abdrift oder starker Sonneneinstrahlung biete Agrivoltaik einen Schutz.