Tisens – Anna Matscher ist 1961 in Innichen geboren. Der Vater hatte ein Hüftgelenksleiden, die Mutter arbeitete umso härter auf den Feldern, zusätzlich zu den Aufgaben im Haus. Schon während der Mittelschule stellte sie Anna Zutaten bereit und leitete sie an, früh aufzustehen, um für die Familie zu kochen. „Sie hat alles mit so viel Leichtigkeit gemacht“, sagte Matscher im vergangenen Jahr im SWZ-Podcast. Zugleich war sie ein kulinarisches Vorbild für die insgesamt acht Kinder, von denen mehrere das Kochtalent, das ihnen die Mutter in die Wiege legte, zum Beruf machten.
So auch Anna Matscher, die zunächst aber nach Wien ging, um sich zur Masseurin ausbilden zu lassen. Zwei Jahre arbeitete sie anschließend in der österreichischen Hauptstadt. Anschließend ging sie nach Lana, wo sie ebenfalls als Masseurin anheuerte – und ihren Mann Luis kennenlernte. Als sich die Gelegenheit ergab, das Restaurant „Zum Löwen“ in Tisens zu übernehmen, das Luis‘ Familie gehörte, war es an Anna Matscher, ihren Mann zu überreden. Er war damals Bankangestellter und das Unterfangen erschien ihm zu riskant.
Am Ende versuchte das junge Ehepaar doch sein Glück. Das war 1987. „Wir wollten eine gut-bürgerliche Küche anbieten“, blickte Matscher zurück. Nach zwei Jahren mussten die beiden allerdings feststellen, dass sich alles in eine andere Richtung entwickelt hatte. „Wir waren eine Schnitzelbude“, sagte Matscher, „und haben beschlossen: Wir starten noch mal ganz neu – mit mir allein in der Küche.“ Viel Einsatz habe dazugehört, diesen Schritt zu gehen, und viel Mut. Im selben Jahr, 1989, kam Tochter Elisabeth zur Welt, die Anna Matscher sehr häufig mit zur Arbeit nahm. Etwas anderes wäre auch kaum möglich gewesen, stand sie doch oft von 7 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts am Herd. „Irgendwie hat es funktioniert“, fasste Matscher zusammen.
Noch mal acht Jahre später, 1997, hatte sich das Restaurant etabliert. Anna Matscher erinnert sich genau daran, als zwei Männer an einem Tisch saßen und sie und ihren Mann zu sich riefen. Auf Italienisch fragten sie: „Was halten Sie von einem Stern.“ „Mein Mann antwortete: Das ist viel zu früh“, sagte Matscher. Davon ließen sich die Michelin-Tester jedoch nicht abhalten. Das „Zum Löwen“ war fortan im berühmten Führer zu finden.
Mit dem Tod von Anna Matscher verliert Südtirol eine der prägendsten Persönlichkeiten der regionalen Gastronomie. Ihr Einfluss auf die kulinarische Szene wird auch weiterhin spürbar bleiben.